Komplexe technische Produkte und Systeme mit viel Elektronik und Software bieten die Möglichkeit, sie noch einfacher und schneller auf die Anforderungen von bestimmten Kunden und Märkten zuzuschneiden. Ihr Verhalten lässt sich sogar noch im Betrieb ändern, indem man "Over the Air“ neue Softwareversionen einspielt. Dadurch nimmt die Produktvarianz weiter zu. Um sie über den gesamten Produktlebenszyklus von der Entwicklung bis in den Betrieb beherrschbar und nachvollziehbar zu machen, ist ein leistungsfähiges Variantenmanagement erforderlich. Insbesondere bei der Dokumentation und in der Fehleranalyse spielt die Rückverfolgbarkeit der Varianz von den Anforderungen über die Funktionen und das logische Verhalten bis zu den Komponenten eine zentrale Rolle.
Das Variantenmanagement steht in einem engen Zusammenhang mit dem Konfigurationsmanagement, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Varianten beschreiben die alternativen Ausprägungen eines Produkts, Systems oder einer Dienstleistung, die sich aus der Kombination unterschiedlicher Merkmale, Optionen und Komponenten ergeben, in generischer Form. Demgegenüber hat das Konfigurationsmanagement die Aufgabe, die spezifische Auswahl und Kombination von Komponenten zu managen, die benötigt werden, um eine konkrete Variante zu erzeugen.
Varianten können auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen beschrieben werden - der Ebene der Produktmerkmale, der Architektur- oder der Komponentenebene. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um mechanische, elektrische/elektronische oder Software-Varianten handelt. Allerdings können die domänenspezifischen Varianten zueinander in Beziehung stehen bzw. sich gegenseitig bedingen, weshalb ein domänenübergreifendes Variantenmanagement mit Blick auf die Rückverfolgbarkeit unerlässlich ist.
Übergeordnetes Informationsnetzwerk
Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Domänen nicht dieselbe Sprache sprechen und unterschiedliche IT-Tools einsetzen, die oftmals schon mit einem eigenen Variantenmanagement-System ausgestattet sind. In den meisten Unternehmen sind weder der Variantenmanagementprozess noch die Abstraktionsebenen über Domänengrenzen hinweg vereinheitlicht. Das macht die Implementierung eines zentralen Variantenmanagements zu einer komplizierten und zeitaufwendigen Angelegenheit.
Der von PROSTEP entwickelte Ansatz lässt den Domänen deshalb die Hoheit über ihr eigenes Variantenmanagement, ihren Prozess und ihre präferierte Abstraktionsebene und integriert die Informationsobjekte aus den verteilten Systemen in einem übergeordneten Graphen. Genau genommen werden diese nicht integriert, sondern nur verlinkt bzw. referenziert. Die Anbindung der föderierten Quellsysteme erfolgt über leistungsfähige Konnektoren, die einen Echtzeit-Zugriff auf die Informationsobjekte erlauben.
Die Informationsobjekte der domänenspezifischen Modelle, Tools und Prozesse werden mit ihren Beziehungen und Abhängigkeiten als Knoten und Kanten in dem übergeordneten Graphen abgebildet. Dieser Graph dient als domänenübergreifendes Informationsnetzwerk, das auf Basis der vorhandenen Metadaten durchsucht werden kann. Die gezielte Verwendung von Beziehungen in diesem Graphen ermöglicht es, domänenübergreifende Varianten in einer strukturierten und nachvollziehbaren Form abzubilden.