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Generationswechsel mit Blick auf das Software-driven Business

Ein Interview mit Bernd Pätzold und Philipp Hasenäcker

Generationswechsel bei der PROSTEP AG: Zusammen mit Karsten Theis übernimmt BHC-Geschäftsführer Philipp Hasenäcker einen Teil der Aufgaben des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Dr. Bernd Pätzold, der Mitte des Jahres in den Ruhestand geht. Im Interview erläutern der neue und der scheidende Vorstand, vor welchen Herausforderungen das Unternehmen steht und was es braucht, um sie zu meistern.

Frage: Herr Pätzold, Sie gehen zum 31. Juli 2023 in den Ruhestand. Sind alle Hausaufgaben gemacht?

Pätzold: Wir sind dabei. Es gibt eine Liste von Hausaufgaben, die ich gerade mit meinen beiden Vorstandskollegen Karsten Theis und Philipp Hasenäcker abarbeite. Wir gehen durch einen strukturierten Prozess, weil die Ressorts, die die beiden künftig verantworten werden, etwas anders zugeschnitten sein werden. Karsten wird ab ersten August neben seiner Kunden- und Produktverantwortung als Sprecher des Vorstands zusätzlich für die Außenarbeit Richtung Gesellschafter verantwortlich sein.

Frage: Wie wird die neue Rollenverteilung genau aussehen?

Pätzold: Die neue Rollenverteilung folgt im Prinzip der heutigen. Wir sind schon vor zwei Jahren weggegangen von einer funktionalen Gliederung, hin zu einem Modell, in dem jeder Vorstand eine operative Verantwortung gegenüber unseren Kunden hat und gleichzeitig mehrere Zentralfunktionen verantwortet. In dieser Richtung werden wir die Verantwortlichkeiten neu verteilen.

Frage: Herr Hasenäcker, Sie übernehmen unter anderem die Leitung des Beratungsgeschäfts?

Hasenäcker: So ist es. Das ist der Themenbereich, den ich schon in den letzten 17 Jahren im Rahmen meiner Tätigkeit für die BHC verantwortet habe und in dem ich einiges an Erfahrung mitbringe. Das Beratungsgeschäft hat für PROSTEP einen hohen Stellenwert und wir haben unsere Zusammenarbeit deshalb schon seit mehr als einem halben Jahr gezielt intensiviert. Insofern ist es für mich ein fließender Übergang bzw. ein fliegender Start.

Frage: Ist PROSTEP für Sie gewöhnungsbedürftig?

Hasenäcker: Ein ganz klares „Nein“ (lacht). Ich kenne die PROSTEP seit vielen Jahren, und seitdem sie 2019 die Mehrheitsbeteiligung an der BHC erworben hat, hat sich auf verschiedensten Ebenen eine sehr intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt. Seit meiner Ernennung zum Vorstand gibt es natürlich nochmals eine neue Qualität und Intensität des Austauschs, aber ich fühle mich dabei sehr wohl und werde bei meinen Aufgaben sowohl von den Vorstandskollegen als auch vom restlichen Team der PROSTEP hervorragend unterstützt. 

Frage: Sie werden sich aber nicht ständig in Darmstadt aufhalten?

Hasenäcker: Nein, wir haben bewusst eine dezentrale Regelung des Dienstsitzes vereinbart, denn mir ist wichtig, überall dort zu sein, wo auch unsere Kunden und unsere Teams sind. PROSTEP hat ja die unterschiedlichsten Niederlassungen. Außerdem bin ich weiterhin Geschäftsführer der BHC, die ihr Office in Böblingen hat. 

Frage: Herr Pätzold, welche Ziele haben Sie Herrn Hasenäcker vorgegeben?

Pätzold: Die Ziele stecke natürlich nicht ich, sondern unsere Kunden und unser Aufsichtsrat. Aber gut, PROSTEP steckt, wie seine Kunden, in einem Transformationsprozess in Richtung Software im Produkt und Application Lifecycle Management (ALM) bedingt dadurch, dass die Produkte sich zu mechatronischen Systemen oder vernetzten System of Systems entwickeln. Software stellt für unsere Kunden eine wesentliche Kernkompetenz dar und dementsprechend müssen auch wir uns in diese Richtung weiterentwickeln, sowohl methodisch und prozessmäßig als auch hinsichtlich der Lösungen. Mit unserer Tochter BHC haben wir inzwischen eine Mannschaft von 60 hochqualifizierten Berater*innen in diesem Bereich. Philipp soll uns helfen, diesen Transformationsprozess schneller zu meistern und unsere Kunden dabei zu begleiten.
Das zweite Thema ist, dass wir vor einem Generationswechsel stehen. Wir haben in den letzten Jahren viele junge Mitarbeiter*innen eingestellt. Jetzt müssen wir auch in der Führungsebene die richtigen Signale für die Zukunft setzen.

Frage: Bedeutet das auch, dass die Mannschaft von Software-Spezialist*innen bei PROSTEP ausgebaut werden soll?

Hasenäcker: Ja, zweifellos. Das ist Teil des Plans. Man kann das Thema Software-driven Business zum einen aus der Beratungsperspektive sehen, wo die BHC bereits heute sehr stark aufgestellt ist, aber natürlich auf der anderen Seite aus der Perspektive der tatsächlichen SW-Implementierung. PROSTEP hat zwar auch heute schon erfahrene Software-Teams in Darmstadt, Hamburg, Böblingen, Wolfsburg, Berlin und in Wroclaw. Damit wir aber unseren Kunden im größeren Stil Software-Lösungen „end to end“, d.h. von der Konzeption über die Spezifikation bis hinein in die Realisierung und Maintenance anbieten können, brauchen wir noch mehr qualifizierte Expert*innen, die dieses Handwerk verstehen.

Frage: Was bedeuten diese neuen Entwicklungen für das Produkt- und Lösungsgeschäft von PROSTEP?

Pätzold: Wir haben hier mehrere Tendenzen gleichzeitig. Auf der einen Seite verändert sich bei den Integrations- und Migrationsthemen und auch bei den kundenindividuellen Lösungen das Anforderungsspektrum. 

Nachdem wir in den letzten Jahren in Richtung der Stücklisten-Systeme gewandert sind, wandern wir jetzt sukzessive in Richtung ALM, weil die Kunden hier den größeren Integrationsbedarf sehen. Auf der anderen Seite stellen wir in punkto Architektur einen klaren Trend in Richtung Cloud-orientierter Lösungen fest. Daraus ergibt sich die Anforderung, Integrationen über mehrere Cloud-Systeme hinweg zu bewerkstelligen. Gleichzeitig ergeben sich zusätzliche Herausforderungen in punkto Sicherheit, gerade wenn Open Source-Komponenten zum Einsatz kommen, aber auch neue Anforderungen, was die Abrechnung der Leistungen angeht. Für uns ist das Thema Openness ganz klar die größte Herausforderung. Entscheidend ist, dass die Hersteller diese Offenheit weiter aktiv unterstützen.

Frage: Welche Auswirkungen wird das auf die Verteilung des Umsatzes zwischen Beratungs- und Lösungsgeschäft haben?

Hasenäcker: Hier von absoluten Zahlen zu sprechen, wäre ein wenig voreilig. Wir möchten definitiv beides ausbauen und insbesondere das Beratungsgeschäft innerhalb der PROSTEP-Gruppe noch stärker verzahnen. Welche Verschiebung der Umsatzanteile sich daraus mittelfristig ergeben wird, vermag ich nicht vorauszusagen. Was ich aber sicher sagen kann, ist, dass das ALM-Geschäft stark wachsen wird. Wir haben hier in den letzten Monaten massiv investiert in ein neues Partnerschaftsmodell u.a. mit der PTC, von dem wir uns weitere Geschäfte versprechen. Wir wollen dieses Modell auch mit anderen ALM- und PLM-Herstellern etablieren, denn oftmals ist es ein starkes Partnernetzwerk, das uns die Türen bei den großen Kunden öffnet und uns hilft, unsere Beratungs- und Prozesskompetenz einzubringen.

Frage: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen mit Blick auf PROSTEP und das Kundenumfeld?

Hasenäcker: Eine große Herausforderung für PROSTEP ist sicher das Thema Personal. Wir brauchen die richtigen Mitarbeiter*innen, und der Arbeitsmarkt ist hart umkämpft. Es wird deshalb eine wichtige Aufgabe sein, PROSTEP nachhaltig als attraktiven Arbeitgeber zu entwickeln. Das Thema Generationswechsel, das Bernd angesprochen hat, ist sicher eine weitere Herausforderung, und natürlich auch die Ausrichtig der PROSTEP auf die neue Art des Consultings. In Bezug auf das Kundenumfeld sehe ich die größte Herausforderung darin, dass sich der Automotive-Markt durch die E-Mobilität dramatisch verändert und eine Vielzahl neuer Player auftreten. Das kann dazu führen, dass das Business der PROSTEP-Gruppe im Bereich Automotive langfristig nicht mehr dasselbe sein wird. 

Frage: Wie sieht das mit den internationalen Märkten aus, auf denen PROSTEP mit Ausnahme der USA noch nicht sehr stark vertreten ist?

Hasenäcker: Unsere Roadmap der Internationalisierung steht noch nicht konkret fest. Uns ist aber bewusst, dass wir aktuell zu stark regional fokussiert sind. Wir müssen und wir werden uns hier stärker international engagieren. In den USA haben wir zwar bereits mit der Inc. eine eigene Niederlassung, jedoch bedienen wir von dort aus bislang nicht das komplette Leistungsspektrum der PROSTEP Gruppe. Um dies zu ändern, waren wir erst vor wenigen Wochen gemeinsam auf einer großen Fachmesse in den USA, um dort erste Impulse für unseren zukünftigen Aktivitäten im US-amerikanischen Markt zu setzen.

Frage: Herr Pätzold, was möchten Sie Herrn Hasenäcker mit auf den Weg geben?

Pätzold: Wir hatten zwei wesentliche Auswahlkriterien für den neuen Vorstand, nämlich die richtige Körpergröße und Schuhgröße. Beides bringt er mit…

Frage: Er lebt auf großem Fuß?

Pätzold: Nein, im Ernst, Philipp bringt die richtige Einstellung zu unserem Geschäft mit, er versteht unser Geschäft und ich glaube, er ist im positiven Sinne ein Menschenfänger, der auf Menschen zugeht und gerne mit ihnen zusammenarbeitet. Deshalb ist er für mich die optimale Besetzung. Außerdem hat er das nötige Fingerspitzengefühl, um die Rolle von PROSTEP als offener und neutraler Mittler auch gegen Widerstände vertreten zu können. Ich wünsche ihm dabei viel Erfolg.

Meine Herren, vielen Dank für das Gespräch.
(Das Interview führte Michael Wendenburg)

 


Zu den Personen

Dr. Bernd Pätzold leitet seit 1998 die ProSTEP Produktdatentechnologie GmbH, die 2002 in die PROSTEP AG umgewandelt wurde. Geboren 1958 in Ulm, absolvierte er seine Ausbildung zum Diplom-Wirtschaftsingenieur an der TU Karlsruhe (KIT). Nach seiner Promotion ging er zunächst zur Daimler AG, wo er an der Gründung des prostep ivip Vereins und am Aufbau des ersten Forschungs- und Entwicklungsstandort im Silicon Valley maßgeblich beteiligt war. Ende Juli 2023 geht Pätzold in den Ruhestand.

Philipp Hasenäcker (Jahrgang 1980) ist Geschäftsführer der PROSTEP-Tochter BHC GmbH, die auf ALM/PLM-Beratung für mechatronische und software-geprägte Produkte spezialisiert ist. Zum 1. Mai 2023 wurde er außerdem in den Vorstand der PROSTEP AG berufen. Hasenäcker ist in Osnabrück geboren und in Paderborn aufgewachsen. Bevor er seine berufliche Karriere als freiberuflicher Berater in einem PLM-Projekt bei Mercedes-Benz begann, studierte er Wirtschaftsingenieurwesen an der TH Ostwestfalen-Lippe.

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