Die Unternehmen der Fertigungsindustrie haben in den letzten Jahren viel Geld in die Digitalisierung ihrer Entwicklungs- und Fertigungsprozesse investiert, aber es sind in vielen Fällen Insellösungen für die einzelnen Domänen geblieben – PLM (Product Lifecycle Management) für die Verwaltung der mechanischen und vielleicht noch der E-Technik-Daten, ALM (Application Lifecycle Management) für die Software-Entwicklung und MES (Manufacturing Execution Systems) für die Planung der Produktion. Die Integration der verschiedenen IT-Systeme und die Verknüpfung der in ihnen liegenden Daten und Informationen ist darüber zu kurz gekommen. Das liegt nicht immer an den IT-Systemen, sondern oft auch am Silodenken der Domänen.
Jede Domäne hat ihre eigene Sicht auf die Dinge. Was fehlt ist die digitale Durchgängigkeit bzw. der domänenübergreifende digitale rote Faden (Digital Thread), der alle Sichten zusammenhält. Und es fehlt eine Durchgängigkeit, die resilient genug ist, um die ständigen Veränderungen in dieser heterogenen Systemlandschaft abfedern zu können.
Unter Digital Thread versteht man die Fähigkeit, über die verschiedenen Domänen nachverfolgen zu können, wie eine digitale Information entstanden ist, mit welchen anderen Informationsobjekten sie in Beziehung steht und wie ihr Zustand ist. Entscheidend ist, dass die Anwender*innen diese Informationen nicht mit viel Zeitaufwand von Hand zusammentragen müssen, sondern dass sie praktisch auf Knopfdruck bereitgestellt werden. Dazu muss man in der Lage sein, in mehr als ein IT-System hineinzuschauen, ohne die Informationen zwingend in einem System zusammenziehen zu müssen.
Die gängigen PLM- oder auch ALM-Systeme können dies nicht leisten, denn sie verwalten und monitoren immer nur die eigenen Informationen. Im Gegensatz dazu verknüpft PROSTEP alle Systeme in der Produktentwicklung und Fertigung mit seinen bekannten Produkten bzw. Brands und Lösungen und vereinigt diese Informationen in der PROSTEP Digital Thread Plattform. Die Daten werden über die Plattform zwischen unterschiedlichen IT-Systemen synchronisiert oder verlinkt und mit Partnern ausgetauscht.
Komplexe Produkte mit kurzen Lebenszyklen
Digitale Durchgängigkeit ist grundsätzlich keine neue Anforderung, aber der Leidensdruck der Unternehmen hat in den letzten Jahren zugenommen. Ihre Produkte werden komplexer bei gleichzeitig kürzer werdenden Produktlebenszyklen. Die Unternehmen müssen neue IT-Systeme einführen, um Themen wie das modellbasierte Systems Engineering (MBSE) oder die Zunahme der Software im Produkt adressieren zu können. Dies verbessert aber nur die Arbeitsfähigkeit einzelner Domänen oder Gruppen von Ingenieur*innen, nicht jedoch die Zusammenarbeit über die Domänen hinweg, so dass der eigentliche Nutzen der digitalen Durchgängigkeit verpufft.
Eine große Herausforderung beim Aufbau eines Digital Thread ist die Organisation der menschlichen Zusammenarbeit. Die Domänen fokussieren sich noch viel zu oft auf ihre internen Ziele und kümmern sich zu wenig darum, wie die anderen Domänen arbeiten und welche Informationen sie dafür benötigen. Deshalb tun sie sich schwer, die Anknüpfungspunkte bei der täglichen Arbeit zu betrachten. Das ist genau das, was sich momentan radikal ändert – nicht zuletzt unter dem Einfluss von neuen Entwicklungsmethoden wie MBSE.
Die zunehmenden Möglichkeiten der digitalen Produktbeschreibung und der zunehmende Softwareanteil in den Produkten führen dazu, dass Funktionen heute modellbasiert beschrieben werden können – unabhängig davon, ob sie nachher in Hard- oder Software abgebildet werden. Ohne MBSE gäbe es unnötig viele Iterationen in der Entwicklung, weil die Daten in den Softwaresystemen zwar digital, aber ohne Verknüpfung vorliegen.
Die modellbasierte Beschreibung des Produkts bzw. Systems liefert gleichzeitig das Grundgerüst an Beziehungen für den Digital Thread, das dann in den Domänen mit Inhalten gefüllt und instanziiert wird. Die Domänen definieren die Lebenszyklen der Komponenten – egal ob in Mechanik, Elektrik/Elektronik oder Software. Sie müssen aber miteinander verknüpft werden. Nur so lässt sich z.B. herausfinden, welche Softwareversion auf welchem Steuergerät eingesetzt werden kann.
Die IT-technische Integration ist durch die Digitalisierung und das modellbasierte Arbeiten, aber auch durch den zunehmenden Einsatz der Cloud einfacher geworden. An den Nahtstellen zwischen den Domänen klaffen aber immer noch Lücken, die durch die PROSTEP Digital Thread Plattform geschlossen werden.
Die Unternehmen müssen den Aufbau eines Digital Thread als strategisches Thema begreifen und die Durchgängigkeit ganzheitlich über alle Domänen und Systeme hinweg betrachten. Sie dürfen den Fokus nicht immer nur auf die Domänen legen, die am meisten profitieren oder die den größten Aufwand bei der Digitalisierung haben. Das ist für sie ein Paradigmenwechsel, der durchaus mit dem Wechsel von der 2D-Zeichnung auf ein 3D-CAD-Modell zu vergleichen ist. Die Entscheider*innen in den Unternehmen müssen den ROI deshalb ganzheitlich betrachten.
Mehr Nachhaltigkeit durch den Digital Thread
Von der digitalen Durchgängigkeit profitieren in erster Linie Unternehmen, die langlebige Konsum- und Investitionsgüter entwickeln und in immer kürzeren Zyklen neue Produktversionen auf den Markt bringen wollen. Der Digital Thread hilft ihnen, geprüfte Daten einfacher wiederzuverwenden und Informationen aus dem Produktleben im Feld wieder in die Entwicklung zurückzuspielen. Deshalb ist das Thema langfristig für Unternehmen aller Größen und Branchen interessant, die nachhaltige Produkte herstellen und diese Produkte weiter verbessern wollen. Oder auch relativ einfache Produkte, die aber sehr komplex zu fertigen sind, so dass man einen Digital Thread der Produktionsanlagen benötigt.
PROSTEP unterstützt diese Unternehmen seit vielen Jahren bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse durch Produkte und Lösungen für die Synchronisation föderierter IT-Systeme, die domänenübergreifende Datenverlinkung und den unternehmensübergreifenden Datenaustausch. Unsere Strategie war es dabei immer, die digitalen Informationen automatisiert zu extrahieren, aufzubereiten und bereitzustellen. Insofern ist die Zusammenführung unserer Produkte OpenPDM, OpenCLM und OpenDXM GlobalX in der modularen PROSTEP Digital Thread Plattform mit einheitlichen Schnittstellen und Services eine logische Weiterentwicklung dieser Strategie. Unsere Produkte OpenPDM und OpenDXM GlobalX erzeugen Beziehungswissen, um auch das Informationsnetz für den Digital Thread weitgehend automatisch aufzubauen.
OpenCLM managt und visualisiert dieses Informationsnetz, das sich wie eine Spinne über die IT-Systeme legt und unterschiedliche Anwendungsfälle unterstützt. Man kann damit z.B. die Informationen über den CO2-Fußabdruck von Produkten zusammentragen und in Produktpässen standardisiert zur Verfügung stellen. Die verlinkten Informationen können sich über eine Vielzahl von Systemen im Unternehmen verteilen und sogar in den Systemen von Zulieferern liegen. Dank unserer langjährigen Erfahrung mit der Datenmigration sind wir sogar in der Lage, die Links bei einem Systemwechsel auf das neue System zu übertragen, ohne dass der Digital Thread neu aufgebaut werden muss.
Domänenübergreifende Prozesse orchestrieren
Unserer Produkte und die darauf aufbauenden Lösungen zeigen schon seit einigen Jahren, dass sie gut aufeinander abgestimmt sind und mit ihnen die Informationen leichter geteilt werden können. So werden z.B. unsere Standard-Konnektoren zu gängigen PLM-, ALM- und ERP-Systemen sowohl bei der Datensynchronisation mit OpenPDM, als auch beim Datenaustausch mit OpenDXM GlobalX eingesetzt. Informationen, die bei Datensynchronisation und Datenaustausch anfallen, können gleichzeitig für die Verlinkung der Daten in OpenCLM genutzt werden. Die Plattform bietet Kunden dadurch die Möglichkeit, domänenübergreifende Prozesse wie das Änderungsmanagement sehr einfach zu orchestrieren.
Im Rahmen der Weiterentwicklung der PROSTEP Digital Thread Plattform werden wir die Schnittstellen und Services unserer Produkt-Brands weiter vereinheitlichen. Natürlich werden auch gewisse funktionale Überschneidungen und Redundanzen beseitigt, was der Stand-alone-Nutzung der einzelnen Brands zugutekommt. Für den PROSTEP-Kunden ist also weiterhin möglich, „nur“ mit einem Datenaustausch unter Nutzung von OpenDXM GlobalX oder mit einer OpenPDM-Systemintegration zu starten. Er hat aber dank der Plattform-Strategie die Möglichkeit, seine Installation sehr einfach um zusätzliche Funktionen für den Aufbau des systemübergreifenden, unternehmensweiten Digital Thread zu erweitern.