Im Zeitalter von Model-based Systems Engineering, Digital Thread und Digital Twin müssen Unternehmen Produktinformationen in unterschiedlichen Formaten über Domänengrenzen und Prozessphasen hinweg verknüpfen, um die Auswirkungen von Änderungen beurteilen und die Nachverfolgbarkeit der Entwicklung sicherstellen zu können. Der Austausch dieser Informationen mit Zulieferern erfordert eine Kombination aus unterschiedlichen domänenspezifischen Standards, damit die Partner wissen, wie was zusammengehört. Dazu gehören z.B. ReqIF für die Anforderungen, SysML und OSLC für die Systemmodelle, FMI bzw. FDX für die Beschreibung der funktionalen Logik und der Testfälle, JT für die Geometrie, STEP AP 242 für die Produktstruktur oder VEC und KBL für die Elektrik/Elektronik.
Um den Austausch von domänenübergreifend verknüpften Daten zu vereinheitlichen, hat eine gemeinsame Arbeitsgruppe von VDA und prostep ivip Verein einen neuen Standard für Datencontainer definiert: Das Digital Data Package (DDP) knüpft an Vorarbeiten wie die VDA-Richtlinie 4953-2 zum Technischen Datenpaket (TDP) und Zeichnungslosem Prozess (ZLP) sowie das Assessment der verfügbaren Standards durch den Verein an. Im Unterschied zu den Vorläufern umfasst das DDP aber nicht nur CAD-Daten, Strukturen, PMIs etc., sondern auch Anforderungen und Themen wie die Verifikation und Validierung (V&V). Das heißt, es berücksichtigt den gesamten Produktentstehungsprozess entlang des V-Modells.
Die DDP-Arbeitsgruppe setzt sich aus Anwenderunternehmen unterschiedlicher Branchen und aus Software-Vendoren zusammen und arbeitet eng mit anderen Arbeitsgruppen des Vereins zusammen, die sich um die Weiterentwicklung und Implementierung von Teil-Standards wie ReqIF oder JT kümmern. Demnächst will die Gruppe die erste Empfehlung zum Review freigeben, die Ende des Jahres veröffentlicht werden soll. Sie hat die Absicht, das Datenmodell für die Verknüpfung der einzelnen Standards in einen OMG-Standard zu überführen.
Wie andere Projektgruppen des Vereins steht auch die DDP-Arbeitsgruppe vor der Hausforderung, an valide Testdaten zu kommen. Glücklicherweise konnte sie auf die Marsrover-Daten des Vereins zurückgreifen, die in verschiedenen Projekten für Tests genutzt wurden. Außerdem stellte Boeing der Gruppe Daten vom Stratoliner zur Verfügung, mit deren Hilfe künftig die V&V-Anwendungsfälle validiert werden können.
Prototyp für den Anforderungsprozess
Eines der Mitglieder der DDP-Arbeitsgruppe ist die PROSTEP AG, die aktiv an der Gestaltung des neuen Standards mitwirkt. Wir waren dadurch in der Lage, im Auftrag eines großen deutschen Automobilherstellers einen ersten Prototyp für die Erzeugung und Bearbeitung von DDPs zu entwickeln. Er diente dazu, die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe am Beispiel des Anforderungsprozesses zu verproben. Außerdem konnten wir unsere Erfahrungen in die Verbesserung des Datenmodells einbringen. Der OEM hat sich bereiterklärt, unsere Ergebnisse mit der gesamten Arbeitsgruppe zu teilen.