Die Dieffenbacher Group stellt Pressen und Komplettanlagen für die Herstellung von Holzplatten, die Umformung von Metall und Verbundwerkstoffen sowie das Recycling von Holzabfällen her. Umsatzstärkstes Standbein des 1873 gegründeten Familienunternehmens, das heute weltweit über 1.600 Personen beschäftigt, ist die Lieferung von Anlagen zur Holzherstellung. Hier ist Dieffenbacher zusammen mit einem deutschen Mitbewerber Weltmarktführer. Die drei Geschäftsbereiche Holzplattentechnik, Forming und Recycling bringen es auf einen Jahresumsatz von 400 bis 450 Millionen Euro. Kunden des Unternehmens sind weltweit tätige Hersteller von Holzplatten und große Möbelhersteller, aber z.B. auch Automobilbauer.
Produktentwicklung und Fertigung sind dezentral aufgestellt. Am Hauptsitz in Eppingen werden Kernprodukte wie Pressen für Holzplattenanlagen und Umformpressen entwickelt und auch gefertigt. Die Tochtergesellschaft in Bielefeld kümmert sich um die Entwicklung von Maschinen für die Zerkleinerung von Baumstämmen; die Betriebsstätte in Leverkusen entwickelt u. a. die riesigen Trommeln für das Trocknen der Holzspäne und die finnische Tochter Komponenten der Endfertigung wie Schleifstraßen und Abstapelungsanlagen. Gefertigt wird in Deutschland, Tschechien, China und Kanada und bei externen Zulieferern.
Die Anlagen für die Holzverarbeitung sind recht kundenindividuell, je nachdem wie breit und dick die Holzplatten sein sollen, welche Werkstoffe der Kunde verarbeiten möchte und wie viele Kubikmeter er am Tag produzieren will. Um den Engineering-Aufwand zu reduzieren, hat das Unternehmen ein Baukastensystem entwickelt, das es ermöglicht, bestimmte Bestandteile auftragsbezogen zu konfigurieren. Ganz ohne Engineering geht es aber in den seltensten Fällen. Eine effiziente Konstruktion ist wichtig, um die Projektlaufzeiten zu verkürzen, die von Auftragseingang bis zur Produktion der ersten Platte 12 bis 14 Monate dauern können.
In den Produktionsanlagen werden viele Komponenten und Systeme von Zulieferern verbaut. Als Generalunternehmer übernimmt Dieffenbacher die Projektierung der kompletten Anlage, die z. B. im Falle von Holzplattenanlagen mehrere Fußballfelder groß sein kann, wie Matthias Rebel, Leiter Technische Informationssysteme erklärt. Außerdem kümmert sich der Service um die Modernisierung von Altanlagen und bietet den Kunden innovative Service-Leistungen wie die IoT-Plattform EVORIS an, mit der sie die Qualität ihrer Produktion überwachen und Predictive Maintenance machen können. Diese Leistung ist mitunter entscheidend für die Auftragsvergabe.
Anforderungen an das PLM-System
„Der Service für unsere Produkte ist für uns ein sehr wichtiges Thema. Er verlangt von uns, dass wir den As Maintained-Zustand abbilden - ob im PLM- oder im ERP-System, das ist noch nicht entschieden“, sagt Rebel. Die Anlagen haben lange Lebenszyklen von 20 Jahren und mehr und verändern sich im Laufe ihres Lebens. Eine große Herausforderung sei auch die Abbildung der elektrischen und elektronischen Komponenten in der Produktstruktur, was heute erst ansatzweise erfolge, ergänzt Thomas Schmetzer, CAD-/PLM-Administrator und Leiter des PLM-Projekts: „Wir müssen die vollständige Produktstruktur, nicht nur von unseren eigenen Maschinen, sondern auch von zugelieferten Systemkomponenten über den gesamten Lebenszyklus nachvollziehbar dokumentieren.“
Eines der Ergebnisse aus dem Beratungsprojekt mit PROSTEP ist, dass Dieffenbacher seine Anlagen künftig nicht mehr überwiegend montageorientiert, sondern funktionsgerecht konstruieren sollte. „Die montageorientierte Arbeitsweise ist gerade mit Blick auf den Baukasten-Gedanken von Nachteil, weil sie die Komplexität und Varianz unserer Baukästen erhöht“, erläutert Schmetzer. „Wenn man stattdessen nach Funktionen differenzieren würde, wäre die Varianz deutlich kleiner, und der Baukasten besser beherrschbar.“
Voraussetzung für eine funktionsgerechte Konstruktion ist allerdings, dass man im PLM-System nicht nur die Möglichkeit hat, Funktionsstrukturen abzubilden, sondern sie auch in eine Montage- oder Service-Stückliste überführen kann. Strukturen in zwei Systemen zu ändern und synchron zu halten, ist nämlich deutlich schwieriger. Es bedingt zugleich ein Umdenken der Organisation, weil irgendjemand die Strukturen ja dann im PLM umbauen muss. Das wäre normalerweise Aufgabe der Arbeitsvorbereitung, die aber mehr im ERP-System zu Hause ist.