Die MEYER Group ist einer der führende Hersteller von Kreuzfahrtschiffen mit Werft-Standorten in Papenburg, Rostock und im finnischen Turku. Die Werften nutzen für die Erzeugung und Verwaltung der schiffbaulichen Informationen unterschiedliche IT-Systeme, die in Zukunft stärker harmonisiert werden sollen. In Papenburg und Rostock ist für das Zeichnungsmanagement z.B. noch eine AS/400-basierte Mainframe-Anwendung zusammen mit zwei an ausgewählte Prozessschritte angepassten ENOVIA-Versionen im Einsatz. Die Anwendungen sind stark kundenspezifisch angepasst und laufen allmählich aus der Wartung, weshalb MEYER sie durch eine möglichst unternehmensweit einsetzbare OOTB-Lösung (Out of the Box) ersetzen möchte. Die Idee, die bestehende Mainframe-Funktionalität eins zu eins in der neuen Umgebung nachzubilden, wurde neben anderen Gründen als zu kostspielig und nicht zielführend verworfen.
OOTB bedeutet in diesem Zusammenhang, dass in einer Software keine Anpassungen programmiert werden müssen, die über bereits durch den Hersteller in der Plattform vorgesehene Konfigurationen hinausgehen, um die erforderlichen Features und Funktionen bereitzustellen. Es heißt aber nicht, dass gar keine kundenspezifischen Anpassungen mehr möglich sind. Der Vorteil für die Anwender ist, dass sie alle erforderlichen Funktionen praktisch aus dem Stand nutzen können, während die IT-Abteilung die installierten Anwendungen einfacher auf neue Versionen upgraden kann. Allerdings müssen die Anwender in Kauf nehmen, dass die Lösung eventuell nicht alle schiffbauspezifischen Prozesse wie gewohnt unterstützt bzw. dass Modifikationen an bestehenden Prozessen erforderlich sind.
Die Kernfrage war deshalb, ob und wieweit die Funktionalität der Dassault-Lösung als OOTB für die schiffbaulichen Prozessanforderungen der MEYER WERFT geeignet ist. Um das herauszufinden, beauftragte das Unternehmen die Experten von PROSTEP mit der Durchführung eines PoC. Als Generalunternehmer brachten sie ihre Projektmanagement-Erfahrungen und ihre Kenntnis der kundenspezifischen Prozesse bei MEYER in das Projekt ein, während PROSTEP-Partner CENIT das erforderliche ENOVIA-Know-how beisteuerte. Beide Unternehmen arbeiteten bei dem PoC über mehrere Monate sehr effizient zusammen, obwohl der Schiffbau für die CENIT-Mitarbeiter Neuland war.
Zusammen mit den Anwendern bei MEYER analysierte das Projektteam die Prozesse in den Legacy-Systemen und definierte die Anwendungsfälle, die durch ENOVIA bzw. die 3DEXPERIENCE-Plattform aus dem Stand unterstützt werden sollten. Diese Prozesse enthalten z.T. speziell auf die Schiffstopologie zugeschnittene Automatismen. Das Projektteam untersuchte, ob die beschriebenen Prozesse grundsätzlich OOTB abbildbar sind, welche Standard-Objekte und -Funktionen dafür erforderlich sind, wie sich die Nutzung der Standardfunktionen auf die Prozesse auswirkt und an welchen Stellen sich gegebenenfalls Lücken zwischen der früheren und der neuen Arbeitsweise auftun. Die wesentlichen Funktionen, die in Betracht kamen, waren das Projektmanagement mit Meilensteinen und Tasks, das Dokumentenmanagement mit Versionsverwaltung, die Klassifizierung und die Möglichkeit, die Dokumente zur Freigabe an bestimmte Personen zu verteilen.