Neues Whitepaper über die Kollaboration im PLM-Kontext
Von Bernd Döbel
Der Bedarf für die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit nimmt zu. Gleichzeitig werden die Anforderungen der Unternehmen an IT-Lösungen zur Unterstützung der Kollaboration vielschichtiger. Das neue PROSTEP-Whitepaper über Kollaboration-Szenarien im PLM-Kontext erläutert die Faktoren, die bei der Auswahl einer entsprechenden Lösung zu berücksichtigen sind, und beschreibt mögliche Anwendungsfälle.
Die komplexer werdenden Anforderungen an die unternehmensübergreifende Kollaboration erfordern Lösungen, die sich flexibel an die Prozessanforderungen der Austauschpartner anpassen lassen. Sie müssen einerseits den sicheren Datenaustausch über das Internet oder andere Kommunikationskanäle unterstützen, andererseits aber auch so tief in die Enterprise-Systeme (PLM, ERP etc.) integrierbar sein, dass Austauschvorgänge und Begleitprozesse wie die Datenkonvertierung im Bedarfsfall vollständig automatisiert werden können. Die Flexibilität darf nicht mit einem hohen Anpassungsaufwand erkauft werden, d.h. die Software sollte vorkonfiguriert bzw. über Vorlagen einfach konfigurierbar sein und sich mit Hilfe standardisierter Konnektoren schnell in die Unternehmens-IT integrieren lassen.
Welche Informationen aus welchen IT-Systemen ausgetauscht bzw. den Partnern bereitgestellt werden, und in welchen Formaten, hängt vom jeweiligen Anwendungsfall ab. Deshalb reicht es nicht aus, eine Software zu implementieren. Im Vorfeld der Implementierung ist eine sorgfältige Analyse der gegenwärtigen Austauschprozesse und der künftigen Kollaboration-Anforderungen erforderlich, um die Lösung möglichst effizient einsetzen zu können. Im Rahmen dieser Analyse sind auch Fragen grundsätzlicher Natur zu klären wie z.B. die wer die Kollaboration-Lösung betreiben soll? Unter Umständen kann es zweckmäßig sein, die Software gar nicht mehr zu installieren, sondern als Cloud-basierten Service zu nutzen. Die PROSTEP AG bietet inzwischen solche Betreibermodelle an.
Mehrere Faktoren für die Systemauswahl
Bei der Auswahl einer geeigneten Kollaboration-Lösung sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, die Einfluss auf Komplexität und Kosten haben. Wichtig ist auch die Rollenverteilung bei der Zusammenarbeit. Vor der Auswahl einer Kollaboration-Lösung sollte jedes Unternehmen erst einmal seine Position in der Zulieferkette bestimmen und die Frage klären, ob es die Kollaboration-Plattform vorgeben kann oder sich nach seinen Partnern richten muss.
Wichtige Faktoren sind die Komplexität der Produkte, deren PLM-Daten die in einem gegebenen Kollaboration-Szenario bewegt werden sollen, und die Disziplinen und Domänen, die in dieses Szenario eingebunden werden müssen. Es macht einen Unterschied ob einfache mechanische Komponenten ausgetauscht werden sollen oder ein komplexes Mechatronik-Produkt mit Elektrik/Elektronik, Software und vielen Varianten, das häufigen Änderungen unterliegt. Und es spielt eine Rolle, ob auch Prozesse wie Anforderungs- oder Change-Management unternehmensübergreifend unterstützt werden sollen.
Die meisten Unternehmen wünschen sich eine Kollaboration-Lösung, die möglichst wenig manuelle und damit fehleranfällige Eingriffe erfordert. Der Automatisierungsgrad hängt jedoch von der eben erwähnten Produktkomplexität ab, aber auch von den Kollaboration-relevanten Prozessen und der Frage, was mit den Daten genau geschehen soll? Je mehr Prozessschritte automatisiert werden sollen, desto komplexer und aufwändiger ist die Einführung einer entsprechenden Lösung.
Ein weiterer, nicht unwesentlicher Kostenfaktor ist die Integrationstiefe, d.h. der Grad der Integration in die eigene PLM-Landschaft und möglicherweise die des oder der Partner. Gerade bei gleichberechtigten Kollaboration-Partnern, die z.B. gemeinsam eine Fahrzeug-Plattform entwickeln, ist auf beiden Seiten eine tiefe Integration in die Backend-Systeme erforderlich. Da diese Systeme bei größeren Unternehmen in aller Regel stark angepasst sind, lassen sie sich nicht einfach über Standard-Schnittstellen integrieren, sondern erfordern kundenindividuelle Integrationslösungen.
Ständig wechselnde Partnerschaft mit kurzen On- und Offboarding-Phasen stellen andere Anforderungen an die Kollaboration als langfristig angelegte, strategische Partnerschaften, bei denen beide Seiten bereit sind, in eine entsprechende Lösung zu investieren. Je mehr wechselnde Partner ein Unternehmen hat, desto einfacher muss die Lösung sein, mit einfach auszurollenden, selbsterklärenden Clients und standardisierten Prozessen mit möglichst hohem Automatisierungsgrad.
Kollaboration findet heute global statt und wird immer komplexer. Unternehmen, die sonst im Wettbewerb zueinander stehen, arbeiten bei bestimmten Projekten zusammen. IPP (Intellectual Property Protection) spielt deshalb eine wichtige Rolle bei der Kollaboration und ist zugleich ein Hindernis, weil Datenschutzmechanismen die Lösungen verteuern und Zusatzaufwände im Betrieb verlangen. Es müssen Rollen und Rechte verwaltet, Compliance-Regeln und Freigaben beim Ramp-up und Ramp-down berücksichtigt, Systeme entkoppelt und ggf. aufwendige und zeitraubende Datenkonvertierungen durchgeführt werden.
In engem Zusammenhang mit dem IP-Schutz ist auch das Thema Cloud zu sehen bzw. die Frage, ob ein Unternehmen seine Kollaboration-Lösung in einer Cloud betreiben lassen möchte? Das ist zum einen eine Frage des Vertrauens, das man dem Cloud-Betreiber entgegenbringt, zum anderen aber auch eine Frage des Aufwands, den das betreffende Unternehmen treiben will und kann, um die Lösung selbst zu implementieren und zu administrieren. Je eingeschränkter die eigenen Ressourcen sind, desto mehr empfiehlt sich eine einfache, standardbasierte Lösung.
Unterschiedliche Kollaboration-Szenarien
Ausgehend von den Erfahrungen aus zahlreichen Kundenprojekten hat PROSTEP verschiedene Szenarien identifiziert und Best Practices für die Implementierung der geeigneten Lösung entwickelt. Eine offene Integrationsplattform und eine leistungsfähige Lösung für den sicheren Datenaustausch sind Kernbestandteile der unterschiedlichen Kollaboration-Lösungen.
Unternehmen mit oft wechselnden Partnerschaften, bei denen der Austausch von Files mit einem hohen Anspruch an Datensicherheit und Robustheit im Vordergrund steht, nutzen üblicherweise MFT-Lösungen (Managed File Transfer). Wenn die Daten über das Internet ausgetauscht werden, müssen diese Lösungen ausgefeilte Verschlüsselungsmechanismen bieten. Außerdem sollten sie alle Datenaustauschvorgänge protokollieren, so dass die Unternehmen jederzeit nachvollziehen können, wer welche Daten wann an welchen Austauschpartner gesendet hat. MFT-Lösungen sind in der Regel so ausgelegt, dass ein Unternehmen sie implementiert und betreibt. Auf Partnerseite müssen keine hohen Anforderungen erfüllt werden, was ein schnelles, automatisierbares On- und Offboarding ermöglicht. Im einfachsten Fall reicht ein Webclient.
Wenn Unternehmen in einer dauerhaften Partnerbeziehung regelmäßig großen Datenmengen austauschen müssen, gleichzeitig aber in ihren PLM-Systemen nach ihren Prozessen arbeiten wollen, empfiehlt sich eine Direktintegration der jeweiligen PLM-Systeme. Dazu werden ihre PLM-Systeme über Konnektoren direkt gekoppelt. Über eine Integrationsplattform wird das Extrahieren der Meta- und CAx-Daten, ihre Paketierung, den sicheren, schnellen Transfer, die Kontrolle der Datenqualität und den Import in die Datenstrukturen des Empfängersystems gesteuert. Voraussetzung für eine weitgehend automatische Datenversorgung ist, dass sich die Partner vorher über die auszutauschenden Datenumfänge verständigen und verbindliche Spielregeln für den Umgang mit Strukturen, Materialien, Naming etc. festlegen.
Bei Joint Ventures und anderen dauerhaften Kooperationen, wird oft eine Variante der selektiven Regelversorgung genutzt, die Automatisierung des Datenaustauschs und Schutz des geistigen Eigentums kombiniert. Die in den Backend-Systemen steckenden Daten und Dokumente werden so gefiltert, dass die Partner nur die für ihre Arbeit erforderlichen Informationen erhalten. Die selektive Regelversorgung ist auch für Unternehmen interessant, die Standorte in Ländern unterhalten, in denen das intellektuelle Kapital tendenziell gefährdet ist. Wesentliche Anforderung an die Integrationsplattform sind leistungsfähige Mechanismen für eine fein abgestufte Filterung der Quelldaten bis auf Attributebene, so dass auch Teile und Komponenten, die in unterschiedlichen Produkten verbaut sind, sauber extrahiert und synchron gehalten werden können.
Unternehmen, die global verteilte Entwicklungsprojekte mit wechselnden Partnern abwickeln, benötigen für die Kollaboration im Entwicklungsverbund eine eigene Plattform, auf der sie die gemeinsam zu nutzenden Daten bereitstellen können. Die Meta-, CAD- und Strukturdaten lassen sich automatisch aus den Backend-Systemen extrahieren, bei Bedarf konvertieren und nach Änderungen auf Knopfdruck synchronisieren. Die Kollaboration-Plattform unterstützt sowohl den sicheren Online-Zugriff über das Internet, als auch die Offline-Bearbeitung der Daten mit einem speziellen Client. Den Projektpartner stehen in der Plattform alle wichtigen PDM/PLM-Funktionen einschließlich Versionsverwaltung, Workflow-, und Change-Management zur Verfügung, so dass sie ihre Projektarbeit sehr gut koordinieren können.
Mehr Effizienz bei der verteilten Entwicklung
Die Implementierung einer geeigneten Kollaboration-Lösung trägt maßgeblich dazu bei, die Datenversorgung zu vereinfachen und zu automatisieren. In der Ausbaustufe als Kollaboration-Plattform stellt sie den Partnern erstmals PDM/PLM-Funktionen für die gemeinsame Projektarbeit zur Verfügung, die sie bislang nur aus ihren Backend-Systemen kannten. Damit leistet sie einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Effizienz bei verteilten Entwicklungsprojekten. Ebenso wichtig ist allerdings, dass die Partner ihre Kollaboration-Prozesse besser aufeinander abstimmen. Bei der Analyse und Optimierung ihrer Prozesse können sie auf die Unterstützung erfahrener Berater zurückgreifen, die sich mit unterschiedlichen Kollaboration-Szenarien auskennen.
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