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Blockchain-Technologie eröffnet auch für PLM neue Anwendungsszenarien

Von Norbert Lotter

In den Fachmedien ist in letzter Zeit immer wieder zu lesen, dass die Blockchain-Technologie das Internet und alle möglichen Anwendungsbereiche revolutionieren könnte. Deshalb stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das für die PLM-Technologie haben wird. Es gibt tatsächlich eine Reihe interessanter Anwendungsfälle im PLM-Umfeld, wenn es gelingt, einige gravierende technische Beschränkungen zu überwinden.

Die Blockchain-Technologie hat so wie wir sie von Krypto-Währungen wie Bitcoin kennen, nämlich einige technische Limitationen, die ihre Nutzung für datenintensive Anwendungen wie PLM oder IoT erschweren. Eine davon ist die sehr begrenzte Datenmenge, die bei jeder Transaktion bewältigt werden kann. So können z. B komplette CAD-Modelle nicht in einer Blockchain abgebildet werden. Allerdings lässt sich der Hash Code dieser Datei in der Blockchain abbilden. Hierdurch kann diese Datei eineindeutig mit einer Transaktion wie z. B. einer Freigabe oder einer Lizenzübergabe verbunden werden. Durch den Hash Code ist darüber hinaus die Unveränderbarkeit der Datei sichergestellt. 

Hinzu kommt, dass Blockchain-Implementierungen, wie die von Bitcoin, nur relativ simple Operationen wie den Transfer einer Geldmenge von A nach B unterstützen. Für komplexere Operationen sind so genannte „Smart Contracts“ erforderlich wie sie z.B. die Blockchain-Implementierung der Krypto-Währung Ethereum verwendet. Ein „Smart Contract“ ist in Ethereum ein ausführbares Programm, das direkt in der Blockchain gespeichert wird. Es kann beliebig komplexe Regeln für die Prüfung und Freigabe enthalten und neue Dateneinträge erzeugen, wenn die Regeln erfüllt sind. So kann man z.B. als Bedingung für eine monetäre Transaktion festlegen, dass Person B im Besitz eines Zertifikats oder einer Software-Lizenz ist, die im Austausch gegen das virtuelle Geld an A übertragen wird. Diesen Ansatz nutzt PROSTEP in der Secure Additive Manufacturing Platform (SAMPL) für den sicheren Austausch von 3D-Druckdaten.

Beide Technologien nutzen so genannte „Data Miner“, die ein rechenintensives kryptographisches Problem lösen müssen, um einen neuen Block in die Blockchain eintragen zu können. Infolgedessen ist die Transaktionsgeschwindigkeit sehr gering und erlaubt keine Echtzeit-Operationen wie sie im IoT- oder Industrie 4.0-Umfeld erforderlich sind. Eine sichere Maschine-Maschine-Kommunikation kann jedoch nicht von der Geschwindigkeit abhängen, mit der ein kryptographisches Problem gelöst wird. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile neuere Ansätze wie PoET (proof of elapsed time). Sie behalten Blockchain-Prinzipien wie die Versiegelung eines Blocks durch Aufnahme seines Hashwerts in seinen Nachfolger oder den Grundsatz „one CPU one vote“ (jeder teilnehmende Netzknoten hat nur eine Stimme) bei, ohne dass für den Blockeintrag ein rechen- oder speicherintensives kryptographisches Problem gelöst werden müsste. Die Validierung wird durch abgesicherten Code auf einem Intel-Chipsatz erreicht, der wie ein Zufallsgenerator funktioniert und die Eintragungsrechte per Los an die beteiligten Knoten verteilt.

Dieser Ansatz macht Blockeinträge wesentlich schneller und kostengünstiger, weil die Lösung der kryptographischen Probleme der traditionellen Blockchain-Implementierungen entfällt, die inzwischen fast ein Prozent des weltweiten Energiebedarfs verschlingt.

Ein anderer Aspekt ist die Frage der Zugangsregelung. Für eine Kryptowährung ist globale Sichtbarkeit aller Transaktionen zweifellos wichtig und akzeptabel. In industriellen Anwendungen gibt es in dieser Hinsicht jedoch weitergehende Anforderungen, da es häufig unerwünscht ist, dass praktisch jedermann – also auch die Konkurrenz - in der Lage ist, den Inhalt der Transaktionen zu lesen. Stattdessen benötigt man einen Berechtigungsmechanismus, der dafür sorgt, dass der Inhalt von Transaktionen gezielt für bestimmte Teilnehmer freigegeben werden kann. Diese Option bieten so genannte Permissioned Blockchains, die im Unterschied zu den öffentlichen wie Bitcoin oder Ethereum nicht jedem Teilnehmer erlauben, einen Knoten einzurichten und Transaktionen vorzunehmen sowie die Vergabe von Schreib- und Leseberechtigungen auf definierten Segmenten der Blockchain unterstützen.

Was die Blockchain-Technologie für industrielle Anwendungen interessant macht, ist nicht so sehr der Aspekt der Sicherheit, als vielmehr die Möglichkeit, zuverlässig Interaktionen zwischen Partnern, die sich nicht kennen und vertrauen müssen, ohne einen vertrauenswürdigen Intermediär abzuwickeln und unwiderlegbar zu dokumentieren. Das gilt für alle Arten von zwei- oder mehrseitigen Geschäften, in denen die ausgetauschten Assets digital repräsentiert und vor allem abgesichert werden können. So könnte z.B. der Bezahlvorgang für einen modernen LKW einen Eintrag in der Blockchain erzeugen, der eine Nutzungsfreigabe darstellt. Die Steuersoftware des LKW kann dann in der Blockchain die Voraussetzungen dafür überprüfen, ob er überhaupt fahren darf – etwa, wenn er bezahlt ist, wenn es eine Freigabe für die Region gibt, in der er sich befindet o. Ä.

Mit Blick auf PLM ist die Blockchain interessant für alles, was mit der gerichtsfesten Dokumentation von technischen Sachverhalten zu tun hat, insbesondere wenn mehrere Parteien an der Erstellung beteiligt sind und das Ergebnis dann von Maschinen als Grundlage für automatisch getroffene Entscheidungen verwendet werden soll. Einige deutsche Automobilhersteller denken strategisch darüber nach, die Hard- und Software-Konfigurationen von Fahrzeugen mit Hilfe der Blockchain zu dokumentieren. Diese Fahrzeugkonfiguration wird insbesondere durch das autonome Fahren nicht nur zu einer zulassungsrelevanten Eigenschaft, sie wird auch deutlich volatiler als das heute der Fall ist. Es wäre z.B. durchaus vorstellbar, in einer Blockchain die für den Straßenbetrieb freigegebenen Konfigurationen zu dokumentieren. Bei einer Änderung der Konfiguration könnte das einzelne Fahrzeug dann automatisch gegen die Blockchain abprüfen, ob es noch die Zulassung für die Straßennutzung hat oder ob es zu einem Software-Update in die Werkstatt muss.

Es gibt also eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain im PLM-Umfeld, aber man muss sich sehr genau überlegen, welche Technologie dafür geeignet ist. Mit der richtigen Technologie lässt sich auch der Energiebedarf auf einen Anteil im Promille Bereich gegenüber der Bitcoin Implementierung reduzieren. PROSTEP hat diese Anforderungen schon in seiner Datenaustauschlösung OpenDXM GlobalX implementiert und eine Integration mit der Blockchain realisiert. OpenDXM ist jetzt Blockchain ready.

Im Rahmen eines Workshops (Blockchain Technologie und potentielle Use Cases für Product Life Cycle Management)  auf dem prostep ivip Symposiums bietet PROSTEP den Besuchern die Möglichkeit über Anwendungsfälle im PLM Umfeld zu diskutieren.

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