Traceability bezeichnet die Fähigkeit jederzeit nachvollziehen zu können, wie die Anforderungen an ein System umgesetzt, simuliert und validiert wurden bzw. welche Artefakte zu welchen Anforderungen gehören. Sie ist grundsätzlich kein neues Thema, hat aber durch den Trend zu smarten Produkten enorm an Bedeutung gewonnen. Nicht nur im Automobil, sondern auch in anderen Produkten steuern Elektronik und Software immer mehr sicherheitskritische Funktionen, die virtuell abgesichert werden müssen. Man denke nur an autonom fahrende Fahrzeuge. Alle erdenklichen Fahrsituationen auf der Straße zu testen, wäre viel zu zeitaufwendig und gefährlich. Um die Zulassung zu erhalten, müssen die Automobilhersteller und ihre Systemlieferanten z.B. sehr genau nachweisen können, welche Fragestellungen sie unter welchen Annahmen mit welchen Tool-Ketten simuliert haben.
Die Nach- bzw. Rückverfolgbarkeit ist für die Unternehmen nicht nur mit Blick auf die funktionale Sicherheit und die damit einhergehenden Nachweispflichten ein Thema, sondern spielt generell eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse. Unternehmen in allen Branchen bemühen sich darum, ihre Prozesse durchgängiger zu gestalten und müssen dabei eine wachsende Flut an digitalen Informationen bewältigen. Die eigentliche Herausforderung ist nicht die Verwaltung der digitalen Informationen, sondern die Verwaltung der Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Informationsobjekten. Ohne dieses Beziehungswissen lassen sich z.B. die Auswirkungen von Änderungen nicht zuverlässig beurteilen.
Gerade bei komplexen Entwicklungsprojekten z.B. im Schiffbau, aber auch im Maschinen- und Anlagenbau können die Projektbeteiligten der unterschiedlichen Disziplinen und Domänen heute nur mit einem großen Kommunikationsaufwand nachvollziehen, welche Daten und Dokumente dem aktuellen Entwicklungsstand entsprechen. Dies umso mehr, als sie oft unterschiedlichen Organisationen angehören. Zu bestimmten Meilensteinen oder Quality Gates müssen sie die Arbeitsergebnisse weitgehend händisch aufbereiten und zusammentragen, um sich einen Überblick über den Projektfortschritt und mögliche Abweichungen vom Planungsstand zu verschaffen.
Immer wichtiger wird die Traceability mit Blick auf den Digital Twin bzw. die Unterstützung neuer, datengetriebener Geschäftsmodelle durch Digital Twin-Anwendungen. Sie stellt die Verbindung zwischen dem digitalen Master bzw. dem Digital Thread und dem digitalen Stellvertreter des tatsächlich ausgelieferten Produkts her und ist die Voraussetzung dafür, um Informationen aus der Betriebsphase in die Produktentwickeln zurückspielen bzw. -spiegeln zu können. Ohne diese Verbindung lassen sich im Betrieb auftretenden Fehler nicht oder nur mit großem Aufwand bis zu ihren möglichen Wurzeln im Entwicklungsprozess zurückverfolgen, analysieren und dadurch schneller beheben.