Bevor Theegarten-Pactec sich auf die Suche nach einer geeigneten PLM-Lösung machte, beauftragte das Unternehmen die PLM-Experten damit, in einem ersten Teilprojekt mit Beteiligten aller betroffenen Abteilungen ein durchgängiges Informationsmodell aufzubauen. PROSTEP nutzt dafür eine standardisierte Methode, die es erlaubt, Redundanzen, Flaschenhälse und Unterbrechungen in den Informationsflüssen aufzudecken. Dabei zeigte sich, dass das Kernproblem des Unternehmens darin besteht, das umfassende Know-how, das in der Firma über Jahre entstanden ist, schnell genug verfügbar und recherchierbar zu machen. Oft ist das Wissen nämlich auf einzelne Mitarbeiter konzentriert und nicht für alle zugänglich.
Potential beim Variantenmanagement
„Wir haben uns zusammen mit PROSTEP außerdem intensiv angeschaut, wie wir die Informationen, die wir im Auftragsfall vom Kunden bekommen, gut strukturiert in den Prozess der Auftragsabwicklung bekommen“, sagt Winter. Es geht im Prinzip darum, die Kundenanforderungen funktional zu strukturieren und die Konfiguration mit den gewünschten Optionen zumindest teilweise automatisiert in die mechatronischen Stücklisten- und CAD-Strukturen zu überführen. Die Idee ist, die Variantenstückliste künftig im PLM zu verwalten und die auskonfigurierte Konstruktionsstückliste dann in eine montageorientierte Fertigungsstückliste zu überführen und an das ERP-System zu übergeben.
Aus historischen Gründen ist die Produkt- und Baugruppenstruktur des Unternehmens bisher eher montageorientiert. Das hat zur Folge, dass die ganze Firma gezwungen ist, montageorientiert zu denken. Das Engineering entwickelt nicht durchgängig funktionsorientiert, sondern entwickelt die Baugruppen so, wie sie später montiert werden. „Natürlich brauchen wir weiterhin eine montageorientierte Stückliste, aber es müsse heute möglich sein, sie als ein zweites Raster aus einer funktionalen Sicht abzuleiten." Darüber hinaus meint Röhm: „PROSTEP hat uns deutlich gemacht, dass wir dadurch in der Entwicklung viel Potential verschenken.“
Hinzu kommt, dass Theegarten-Pactec heute nur mit großem Aufwand in der Lage ist, den weiteren Lebenszyklus einer Maschine nachzuverfolgen, wenn sie erst mal das Haus verlassen hat. Es fehlt eine zeitbezogene Sicht auf die ausgelieferte Maschine in Form einer „As-Maintained“-Sicht des Digitalen Zwillings. Diese ist allerdings auch schwierig zu pflegen, da z. B. ein Lebensmittelhersteller mit 100 Maschinen in unterschiedlichen Entwicklungs- und Lieferständen Theegarten-Pactec nicht unbedingt darüber informiert, welches Ersatzteil er gerade für welche Maschine bestellt oder welche Umbauten er selbst vorgenommen hat.
Konzept für die PLM-Systembebauung
In einem zweiten Teilprojekt mit PROSTEP untersuchten die Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen, mit welchen Neutralformaten Informationen künftig für Prozesse bereitgestellt werden können. Hierbei spielte das Thema Fertigungsinformationen (Product Manufacturing Information - PMI) an CAD-Objekten genauso eine Rolle wie die Ableitung vereinfachter Geometriemodelle für die Erstellung elektronischer Ersatzteilkataloge oder die Projektierung. „Unsere Vision ist, dass alle Informationen künftig am 3D-Modell hängen, was heute noch nicht der Fall ist“, sagt Röhm. Mit Ausnahme der NC-Programmierung für die spanende Bearbeitung und die Blechbearbeitung, die auf Basis der CAD-Modelle erfolgt, sind die Prozesse in Fertigung und Montage noch weitgehend zeichnungsbasiert. In der Konstruktion bindet die Ableitung und Aufbereitung dieser Zeichnungen sehr viel Kapazität.
In einem dritten Teilprojekt wird bis zum Jahresende ein Konzept für die künftige PLM-Systembebauung und ein Lastenheft für die Systemauswahl erstellt. Wesentlicher Bestandteil des Bebauungsplans ist eine zentrale Integrationsplattform als Zwischenschicht, die ERP-, PLM- und Autorensysteme flexibler miteinander verbindet. Röhm sagt: „Heute sind wir durch die direkte Kopplung des PDM-Moduls an das ERP gezwungen, beim Release-Wechsel des ERP-Systems auch die CAx-Systeme zu aktualisieren und umgekehrt. Das wollen wir durch die Integrationsschicht entkoppeln, um bestimmte Software-Bausteine auch einfacher austauschen zu können.“
Die PROSTEP-Experten werden Theegarten-Pactec zudem bei der Systemauswahl begleiten. Mit der Art, wie das PLM-Beratungs- und -Softwarehaus die Projekte plant und durchführt, ist Röhm sehr zufrieden: „PROSTEP weiß ziemlich genau, wohin die Reise gehen soll, aber wir wollen hierbei nicht blind folgen, sondern erarbeiten das gemeinsam.“ Den Beteiligten ist klar, dass die Umsetzung der initiierten Veränderungen mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird und die konsequente Anwendung des PLM-Gedankens auch eine Neuausrichtung der heute genutzten ERP-Applikationen sowie der relevanten Prozesse erfordert.