Mit anderen Worten: es gibt eine Vielzahl von Ansätzen, um Fertigungsinformationen zwischen CAD und CAM auszutauschen. PMI ist nur einer davon und längst nicht der am weitesten verbreitete. Zu meiner Überraschung konnten die meisten CAM-Hersteller, mit denen ich in Stuttgart sprach, mit dem Begriff "PMI" wenig anfangen, was die Vermutung nahe legt, dass das Thema MBD noch nicht auf der Ebene des Shopfloors angekommen ist. Die Gräben zwischen CAD- und CAM-Herstellern scheinen ebenso tief zu sein wie die zwischen Entwicklung und Fertigung bei manchen ihrer Kunden.
Die Digitalisierung der Prozessketten wird aber nur gelingen, wenn man die Anwender und Abteilungen, die aus den digitalen Modelldaten letztlich reale Bauteile machen müssen, in die Diskussion stärker einbezieht. Für den Mitarbeiter in der Arbeitsvorbereitung hat es nämlich keinerlei Vorteile, seine Toleranzen künftig als PMIs am 3D-Modell abzulesen, wenn er sie nach wie vor von Hand in sein CAM-System eingeben muss. Im Gegenteil, im Zweifelsfall wird er die 2D-Zeichnung bevorzugen, weil er sie seit Jahrzehnten gewohnt ist. Aus Fertigungssicht macht die 3D-Kommunikation der Fertigungsinformationen nur dann Sinn, wenn man die annotierten Modelle mit weniger manuellen Eingriffen als bisher für die Bearbeitung aufbereiten kann.
In den digitalen Prozessketten zwischen Konstruktion und Fertigung, aber auch zwischen Konstruktion und Qualitätssicherung klaffen jedoch noch riesige Lücken. Sie lassen sich nicht einfach dadurch schließen, dass man die Maße und Toleranzen an das 3D-Modell hängt. Die Frage der Formate, Standards und Schnittstellen ist eher nebensächlich. In erster Linie ist es eine organisatorische Integrationsaufgabe.
Aus zahlreichen Reportagen weiß ich, wie viel Aufwand die Mitarbeiter in AV und NC-Programmierung oft treiben, um die CAD-Modelle aus der Konstruktion fertigungsgerecht aufzubereiten, nur weil die Konstrukteure nicht fähig oder willens sind, sie vor dem Export korrekt zu tolerieren. Zum Teil werden hochkomplexe Bauteile anhand der Zeichnungen im CAM-System nachmodelliert, weil das schneller ist, als die Toleranzen in die importierten Modelle einzupflegen. Abgesehen von der Frage, ob das im Sinne der Nachweispflichten überhaupt regelkonform ist, schlummert hier ein enormes Rationalisierungspotenzial, ohne dass man dafür ganze Fabriken intelligent vernetzen müsste. Man braucht dafür nur die Anwender in Konstruktion und Fertigung und vor allem ihre Chefs ein bisschen besser zu vernetzen.