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Gut beraten bei der PDM-Systemauswahl

Von Michael Manderfeld

Das geeignete PDM-System zu finden, ist für ein Unternehmen mit begrenzten IT-Ressourcen und ohne PDM-Know-how eine Herausforderung. Die GHH-Radsatz GmbH in Oberhausen, die zur GHH-BONATRANS-Gruppe gehört, hat deshalb die PLM-Berater von PROSTEP mit ins Boot geholt. Sie unterstützten das Unternehmen nicht nur bei der Definition der Anforderungen und der Systemauswahl, sondern begleiteten auch die Pilot-Implementierung..

Radsätze werden in Oberhausen schon seit über 200 Jahren gefertigt, auch wenn die Gutehoffnungshütte Radsatz GmbH erst 1994 gegründet wurde. Seit 2014 gehört sie zur GHH-BONATRANS-Gruppe. Mit weltweit 1.700 Mitarbeitern und einem Umsatzerlös von über 300 Millionen Euro ist die Gruppe der europaweit größte Hersteller von Radsätzen für Schienenfahrzeuge aller Art. Neben den beiden Entwicklungs- und Fertigungsstandorten in Oberhausen und im tschechischen Bohumín unterhält GHH-BONATRANS einen weiteren Fertigungsstandort in Indien und einen Vertriebsstandort in Hongkong.

Die 280 Mitarbeiter am Standort in Oberhausen entwickeln, fertigen und vertreiben im Wesentlichen Light-Rail-Anwendungen mit gummigefederten Rädern für Straßenbahnen in aller Welt, aber auch Radsätze für Vollbahn-Anwendungen von U-Bahn, Metro über Hochgeschwindigkeit bis hin zu Bahnbaumaschinen. Die Kollegen der tschechischen Schwesterfirma BONATRANS kümmern sich um Entwicklung und Produktion von Radsätzen mit Vollrädern für konventionelle Züge, Hochgeschwindigkeitszüge, Lokomotiven oder Güterwagen. Außerdem liefern sie dank der eigenen Warmformgebung Schmiedeteile für Räder und Wellen zu, die in Oberhausen mechanisch bearbeitet und in den Radsätzen verbaut werden.

GHH-Radsatz liefert jedes Jahr etwa 6.000 Radsätze und 40.000 Räder an Schienenfahrzeughersteller wie Alstom, Bombardier, Stadler, Skoda oder Siemens, aber auch an Fahrzeugbetreiber. Etwa die Hälfte des Geschäfts entfällt auf den Aftermarket, da Räder Verschleißteile sind, wie Dr. Sven Jenne, Director Engineering, Research & Development in Oberhausen sagt. „Die Variantenvielfalt ist sehr groß, weil Räder und Radsätze für jedes Fahrzeugprojekt individuell definiert und auf die Infrastruktur abgestimmt werden müssen. Das ist zugleich unsere Stärke, weil wir uns sonst in dem hart umkämpften Markt gegen Wettbewerber aus Osteuropa und zunehmend auch aus China nicht behaupten könnten.“

Wachsender Dokumentationsaufwand

Im Vergleich zu Vollrädern ist der Engineering-Aufwand bei der Anpassung der gummigefederten Straßenbahn-Räder höher, da sie vom Aufbau her komplexer sind. Ein V-förmiger Gummiring zwischen Radkörper und Reifen sorgt für mehr Fahrkomfort. Die Konstrukteure müssen also immer Festigkeit, Federkomfort und Montierbarkeit der Räder in Einklang bringen. Die V-Federung ist ein Alleinstellungsmerkmal von GHH-Radsatz, wie Jenne sagt. „Unser GHH® V60 ist das in Europa am meisten eingesetzte, gummigefederte Rad.“

Jedes Jahr wickelt das Unternehmen eine Vielzahl von Projekten ab, die zeitgleich laufen und zwischen sechs und 24 Monaten dauern können. Ziel ist es, durch rechtzeitige Erkennung von Abweichungen die fristgerechte Auslieferung zu verbessern. Die Konstrukteure stehen gerade bei neuen Fahrzeugprojekten unter einem hohen Zeitdruck, da der Zeitraum zwischen Auftragsvergabe und Auslieferung knapper wird, während die Lieferzeiten für Langläufer wie die Schmiedeteile oft nicht beeinflussbar sind.

Gleichzeitig nehmen die Komplexität der Projekte und der Dokumentationsaufwand zu. „Radsätze sind Sicherheitsbauteile, und die Anforderungen hinsichtlich Nachverfolgbarkeit und auch das Volumen an Dokumenten zu jedem Projekt und Auftrag sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, sagt Jenne. Die Unterlagen müssen 30 Jahr und mehr aufbewahrt werden, weil die Radsätze sehr lange Lebenszyklen haben und immer wieder nachbestellt werden.

Zeitaufwendige Informationssuche

Mit dem dateibasierten Ablagesystem wurde es für Anwender und Unternehmensleitung zunehmend aufwändiger, den Überblick über den Stand der Projekte zu behalten und bei Aftermarket-Projekten nachzuvollziehen, welches eigentlich die gültigen Dokumente waren. „Unsere Mitarbeiter verbringen sehr viel Zeit damit, Informationen zu suchen und aufzubereiten. Deshalb wollen wir sie unabhängig von der Ablagesystematik der einzelnen Abteilungen für alle Beteiligten zugänglich machen und dadurch das Gedächtnis des Unternehmens stärken“, erläutert Jenne die Zielsetzung des PDM-Projekts.

In Abstimmung mit der tschechischen Schwestergesellschaft entschied GHH-Radsatz, das Ablagesystem durch ein datenbankgestütztes Produktdatenmanagement abzulösen. Bei der Suche nach einer geeigneten Lösung zeigte sich jedoch schnell, dass das Unternehmen nicht in der Lage war, die Vielzahl der angebotenen Lösungen zu überschauen und ihren Leistungsumfang zu beurteilen. 

„Wir hatten teilweise den Eindruck, dass da mit Kanonen auf Spatzen geschossen wurde, obwohl wir zunächst nur einen Teil der PDM-Funktionalität benötigen“, sagt Jenne. Deshalb zog man PROSTEP als herstellerneutralen Helfer zurate. Die PLM-Berater des Unternehmens kennen nicht nur die Systeme und ihre Anbieter, sondern bringen auch viel Erfahrung aus anderen Auswahlprojekten mit.

Im ersten Schritt unterstützte PROSTEP das Projektteam dabei, die Anforderungen zu vervollständigen, sauber zu strukturieren und ein richtiges Lastenheft zu erstellen. Eine der wichtigsten Anforderungen war das Zusammenspiel mit dem ERP-System Infor Smart Office M3, das bei der Anlage der Artikel und Stücklisten und der Auftragsabwicklung führend ist und auch künftig bleiben soll. Das PDM-System sollte eine gute Schnittstelle zum Konstruktionssystem SolidWorks bieten, das in Oberhausen auf 18 CAD-Arbeitsplätzen eingesetzt wird, und es sollte auch an die CAQ-Lösung angebunden werden können. Neben der Integrationsfähigkeit legt GHH-Radsatz großen Wert darauf, das System einfach administrieren und mit eigenen Mitteln weiterentwickeln zu können, ohne dafür programmieren zu müssen.

Benchmark mit drei Systemanbietern

Auch wenn es erst einmal darum geht, die vorhandenen Systeme zu vernetzen und die Informationen besser verfügbar zu machen, hat das Unternehmen weitergehende Pläne, die PROSTEP schon bei der Systemauswahl abgeprüft hat. So soll der Engineering Change-Prozess, der derzeit noch rein papierbasiert abläuft, in einem elektronischen Workflow abgebildet werden. Auch den gesamten Auftragsdurchlauf von der Angebotsanfrage über die Konstruktion, Materialeinkauf und Fertigung bis zu Versand und Rechnungstellung möchte Jenne durch eine Art PDM-gestütztes Projektmanagement stärker digitalisieren, um bestimmte Aufgaben zu parallelisieren. Es würde der Leitungseben außerdem helfen, den Status der Projekte kontrollieren und schneller auf Abweichungen zu reagieren.

In einem professionellen Auswahlverfahren mit nachvollziehbaren Parametern wählte PROSTEP aus der Gesamtzahl von zehn in Frage kommenden Anbietern zunächst fünf Kandidaten, die offiziell angefragt wurden. Drei von ihnen kamen nach Auswertung der Angebote und den Gesprächen mit den Anbietern in die engere Wahl und durften ihre Programme am Beispiel der Anwendungsfälle Engineering Change und Auftragsdurchlauf demonstrieren. Das methodische Vorgehen bei der Systemauswahl stellte Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicher. „Wir konnten dem Management jederzeit erklären, wie wir zu der Entscheidung gekommen sind“, sagt Jenne.

Die Entscheidung fiel am Ende zugunsten der Software PRO.FILE von PROCAD aus, wobei Jenne betont, dass alle drei Anbieter einen sehr überzeugenden Eindruck hinterlassen haben. Ausschlaggebend war nicht nur das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis, was die Kosten für Anschaffung, Einführung und laufende Wartung der Software anbelangt, sondern auch die einfache Konfigurierbarkeit. „Ich war sehr angetan, wie einfach meine Kollegen die tollsten Sachen programmieren oder besser konfigurieren konnten. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir die Lösung in Zukunft leicht werden erweitern können.

Beratung hat sich bezahlt gemacht

GHH-Radsatz hat etwa 10 bis 15 Prozent des Gesamtbudgets (ohne interne Aufwände) für die Beratung ausgegeben – eine Investition, die sich laut Jenne bezahlt gemacht hat, weil das Unternehmen sicher ist, eine langfristig tragfähige Entscheidung getroffen zu haben. Er würde gerade kleineren Unternehmen, die sich mit PDM nicht so gut auskennen, die externe Beratung empfehlen. „Dank der Zusammenarbeit mit PROSTEP war den Anbietern sofort klar, dass wir wussten, wovon wir reden. Außerdem habe ich das Gefühl, dass sich die Marktkenntnis der Berater auch auf die Preisverhandlungen positiv ausgewirkt hat.“

Im März dieses Jahres wird das Unternehmen mit der Einführung des Systems beginnen. Basis ist ein Prototyp, den PROCAD schon im letzten Jahr aufgebaut hat und der im Prinzip alle geplanten Funktionen einschließlich Änderungsmanagement und Auftragsdurchlauf abbildet. Letztere sollen aber erst im kommenden Jahr implementiert werden, um die Anwender nicht zu überfordern. Die Planung sieht vor, zunächst das CAD-Daten- und Dokumentenmanagement mit lesendem Zugriff auf ERP- und CAQ-Systeme freizuschalten. Vorher müssen allerdings noch große Mengen an Bestandsdaten aus den unterschiedlichen Strukturen der Dateiablage migriert werden, wie Jenne sagt: „Wir haben dazu mit PROCAD und PROSTEP schon zahlreiche Workshops veranstaltet.“

Längerfristig verspricht er sich vom PDM-Einsatz erhebliche Nutzeneffekte. Die Anwender werden produktiver sein, weil sie weniger Zeit für die Suche nach Informationen benötigen. Die Prozesse werden durch das parallele Arbeiten beschleunigt, so dass sich die Durchlaufzeiten verkürzen. Außerdem wird der Status der Projekte transparenter, so dass die Unternehmensleitung bei Verzögerungen schneller eingreifen kann.

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