Frage: FIWARE ist eigentlich eine ziemliche Erfolgsgeschichte. Warum hat man davon bislang außerhalb der IoT Community noch nichts gehört?
Ahle: In einigen Regionen Europas sogar innerhalb nicht viel. Das liegt ein bisschen daran, dass FIWARE von der Historie her sehr südeuropalastig war. Auch ATOS war ursprünglich über ATOS Research & Innovation in Spanien beteiligt. Als man dann die Entscheidung traf, mit dem Headquarter der Foundation nach Berlin zu gehen, fragte mich unser CEO, ob ich nicht meinen Hut in den Ring werfen wolle. Das war das erst mal, dass ich von FIWARE hörte, obwohl ich mich im IoT-Umfeld ein bisschen auskenne.
Frage: Sie wollen sowohl geografisch expandieren, als auch neue Märkte wie Smart Industry adressieren. Was ist mit Smart Engineering?
Ahle: Wir adressieren mit Smart Industry sowohl die Fertigung, als auch die Produktentstehung, obwohl ich zugeben muss, dass wir in diesem Bereich noch nicht so breit aufgestellt sind. Was die Globalisierung anbelangt, freuen wir uns sehr über die Beteiligung von NEC, weil wir FIWARE damit sehr gut in Japan bekannt machen. NEC hat bereits erste kommerzielle Angebote auf Basis von FIWARE realisiert, z. B. die Smart City in Wellington Neuseeland. In Richtung Westen sieht es so aus, dass die amerikanische Normierungsbehörde NIST FIWARE aufgenommen hat, und es gibt eine Initiative des Weißen Hauses, 80 Millionen Dollar in Smart Cities zu investieren, für die unter anderem FIWARE als Basis empfohlen worden ist.
Frage: Was zeichnet FIWARE gegenüber anderen IoT-Plattformen aus? Es ist ja nicht die Einzige und auch nicht die einzige Open Source-Plattform?
Ahle: Es gibt aktuell gut 360 IoT-Plattformen auf der Welt, davon ca. 10 Open Source-Anwendungen. Das was uns unterscheidet ist, dass wir neben der Plattform den Datenaustausch-Standard mitbringen, mit dem wir ein Konzept umsetzen möchten, das sich Multi-Sided Markets nennt. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass Daten ihren wirklichen Nutzen nicht notwendigerweise im Umfeld der Entstehung entfalten, sondern vielleicht in einem ganz anderen Umfeld. Mit unserem Standard können wir Daten aus unterschiedlichen Anwendungsbereichen auf einer Plattform zusammenzuführen. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal sind unsere FIWARE Enabler, mit denen man sehr schnell Anwendungen zusammenbauen kann. Das bestätigt auch das Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme FOKUS, das vor der Gründung der Foundation gebeten wurde, die Belastbarkeit und Skalierbarkeit der Software-Architektur zu analysieren. Mit sehr positivem Ergebnis.
Frage: Kann man den Standard auch nutzen, um FIWARE mit anderen IoT-Plattformen zu verbinden?
Ahle: Das Thema Konnektivität ist ein drittes Unterscheidungsmerkmal. Wir sind nicht nur Open Source, sondern auch Open API. Von daher unser Motto Open APIs for Open Minds. Wir sind also offen, was die Schnittstellen und Datenmodelle angeht. Wie Sie wissen bin ich gleichzeitig Mitglied im Vorstand der Industrial Data Space-Vereinigung, die den Ansatz verfolgt, unterschiedliche IoT-Plattformen zu verbinden, um gemeinsame, virtuelle Datenräume zu entstehen zu lassen. Wir arbeiten gerade daran, dass die erste Open Source-Implementierung der IDS-Konzepte basierend auf FIWARE realisiert wird.
Frage: Wie viele IoT-Plattformen braucht die Welt?
Ahle: Im besten Falle eine, aber das wird nicht klappen. Es wird weiter Wettbewerb geben und es kann durchaus auch Situationen geben, in denen es für ein Unternehmen sinnvoll ist, sich für eine proprietäre Plattform zu entscheiden, weil die Komponenten z. B. besonders gut eingebunden werden können. Ob man allerdings 360 Plattformen braucht, und ihre Zahl wächst immer noch, wage ich zu bezweifeln. Ich bin fest davon überzeugt, dass es eine Marktbereinigung geben wird.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ahle. Wir wünschen Ihnen mit der FIWARE Foundation viel Erfolg. (Das Gespräch führte Michael Wendenburg)