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In Zeiten der abnehmenden Gewissheiten

Von Bernd Pätzold

Lange Zeit konnte man meinen, die PLM-Technologie habe einen hohen Reifegrad erreicht und sei in den Unternehmen als Enabler für mehr Produktivität in der Produktentstehung fest etabliert. In diesem Jahr jedoch, das sich viel zu schnell dem Ende zuneigt, sind mir manche Gewissheiten abhandengekommen. Auch für PLM gilt offensichtlich Heraklits Diktum: Nichts ins beständiger als der Wandel - selbst wenn er auf leisen Sohlen daherkommt.

Es sind nicht unbedingt wichtige Meilensteine, die das Jahr 2016 aus PLM-Sicht geprägt haben, sondern vielmehr Trends, die sich verstärkt haben und dazu führen, dass PLM - so wie wir es kennen - plötzlich infrage gestellt wird. Nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande diskutieren Experten darüber, wie Future PLM aussehen kann und was PLM-Systeme leisten müssen, um eine Zukunft zu haben. Eine Diskussion, an der sich PROSTEP selbstverständlich engagiert beteiligt, denn sie hat Auswirkungen auf unsere Beratungstätigkeit. Wir beschäftigen uns in letzter Zeit sehr intensiv mit der Frage, mit welcher PLM-Strategie und mit welcher IT-Bebauung unsere Kunden die digitale Transformation am besten bewältigen.

Weder die monolithischen PLM-Architekturen, noch die gegenwärtigen Lizenzmodelle der PLM-Hersteller sind auf Dauer überlebensfähig; die Zukunft gehört föderativen Systemen mit intelligent vernetzten Informationen und Subskriptionsmodellen mit geringeren Kosten für Anschaffung und Unterhalt der Software. Das sagt kein geringerer als Prof. Martin Eigner, einer der deutschen PLM-Pioniere, den wir anlässlich der Ergebniskonferenz des mecPro2-Projektes für den PROSTEP-Newsletter interviewt haben. (Das Interview finden Sie hier.) Zumindest was die Lizenzpolitik anbelangt, scheinen die PLM-Hersteller sich zu bewegen: Peter Bilello, der Chef der amerikanischen Marktforschungsfirma CIMdata, betrachtet den Move von PTC, Autodesk und Co. in Richtung Subskription als einen wichtigen Trend des Jahres 2016 - neben der wachsenden Aufmerksamkeit, die die PLM-Hersteller dem Internet of Things (IoT) schenken. Sogar deutsche Softwarehäuser beschäftigen sich inzwischen mit einem Thema, das lange Zeit das exklusive Steckenpferd von PTC zu sein schien.

Das IoT ist keine Blaupause mehr, sondern Realität. Vor ein paar Wochen gab es eine massive DDoS-Attacke (Distributed Denial of Service) auf einen der größten DNS-Provider, die zum Ausfall von Tausenden von Webseiten und -services führte - darunter die von Amazon, Netflix, PayPal und Twitter. 

Ausgeführt wurde sie von einer Armee gehackter IoT-Geräte, also von vernetzten Smartphones, Uhren, Babyphones, Heizungssteuerungen, Kameras und vielen mehr, und es war nicht der erste Angriff dieser Art. Sägt das IoT gewissermaßen den Ast ab, auf dem es selber sitzt?

Die Vernetzung von allem und jedem über das Internet potenziert ohne Zweifel die Gefahrenlage, weil viele Hersteller von IoT-Geräten dem Thema Sicherheit bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Das betrifft nicht nur vernetzte Konsumgüter, sondern z. B. auch Hightech-Equipment in Krankenhäusern, das sich aus dem Gäste-WLAN hacken lässt. Kein Witz! Über diesen Fall berichtete ein Sicherheitsexperte auf unserem diesjährigen PROSTEP TECHDAY. Hier sind alle Beteiligten - Hersteller von IoT-Geräten, Betreiber, Lieferanten der IT-Infrastruktur etc. - in der Pflicht, gemeinsam mehr für die Datensicherheit zu tun. PROSTEP hat auf die wachsenden Gefahren schon reagiert und gehört seit ein paar Wochen zu den wenigen Hundert deutschen Firmen, deren IT-Infrastruktur nach der Sicherheitsnorm ISO 27001 zertifiziert ist.

Die Diskussion über die Zukunft von PLM ist mit dem Thema IoT eng verknüpft - um nicht zu sagen verlinkt. Im Kern geht es um die Frage, wie sich die zunehmende Vernetzung von mechatronischen bzw. cybertronischen Produkten und der Aufbau neuer, serviceorientierter Geschäftsmodelle auf die Entwicklungsprozesse und -werkzeuge der Unternehmen auswirken werden. Die Entwicklung cybertronischer Produkte ist ein hochgradig interdisziplinärer Prozess, der nach neuen Werkzeugen und Methoden ruft. Welchen Beitrag das Model Based Systems Engineering (MBSE) leisten kann und wie es in die PLM-Prozesse und -Systeme integriert werden kann, dazu hat das mecPro2-Projekt interessante Ergebnisse hervorgebracht. Leider liest man darüber viel zu wenig.

Ungeachtet der Tatsache, dass das Thema PLM so spannend wie lange nicht mehr ist, findet es in der Fachpresse kaum noch Niederschlag. Der PLM-Branche gehen die Medien aus, die noch die finanziellen Möglichkeiten und personellen Ressourcen haben, um ausführlich über komplexe Themen wie die Digitalisierung der Produktentwicklung zu berichten. Zum Glück haben wir den PROSTEP-Newsletter in diesem Jahr aufgepeppt, um Sie regelmäßig über wichtige Neuigkeiten aus unserem Umfeld zu informieren. Nutzen Sie die langen Weihnachtstage, um einen Blick hineinzuwerfen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen fröhliche Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2017.

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