Frage: Welche Rolle spielen die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen für Aelius?
Surendra: Das Ehrenamt ist das, was Aelius ausmacht. Wir sind von Ehrenamtlichen gegründet worden, die die Unterstützung, die sie erhalten haben, der nächsten Generation weitergeben möchten. Deshalb sagte ich eingangs, dass es eine unserer wesentlichen Zielsetzungen ist, die jungen Menschen zum zivilgesellschaftlichen Engagement zu ermutigen. Nachdem wir inzwischen schon ein paar Jahre existieren, haben wir viele ehemalige Mentees, die ehrenamtlich bei uns tätig sind und diesen Kreislauf aufrechterhalten. Das ist der wesentliche Grund, warum wir einen so guten Zielgruppenbezug haben und sehr einfach junge Menschen erreichen, die von Armut betroffen sind.
Frage: Das Aelius Förderwerk hat zwei Geschäftsstellen und sieben festangestellte Mitarbeiter*innen. Wie finanziert sich die Organisation?
Surendra: Wir sind im Wesentlichen über Spenden finanziert. Die Spenden stammen sowohl von Privatpersonen als auch von Unternehmen oder Stiftungen, die uns für bestimmte Projekte oder eine bestimmte Laufzeit fördern. Personal und Programm unserer neuen Geschäftsstelle in Thüringen ist z.B. über zwei Stiftungen finanziert, die es gut finden, dass wir unser Angebot in Ostdeutschland erweitern.
Frage: Welche Auszeichnungen haben Sie bzw. das Förderwerk erhalten?
Surendra: Das sind tatsächlich eine ganze Menge. Wir sind mal Bundespreisträger beim Wettbewerb Start Social gewesen. Wir sind von den Vereinten Nationen 2020 mit dem Jugendfriedenspreis für Deutschland ausgezeichnet worden und wir haben den Bayrischen Bürgerpreis erhalten. Dabei will ich es mal belassen.
Frage: Sie haben dieses Jahr in Erfurt eine zweite Geschäftsstelle eröffnet. Warum gerade in Thüringen?
Surendra: Wir haben in unserer Entwicklung gemerkt, dass wir zwar in Metropolregionen sehr aktiv sind, aber weniger Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum erreichen. Gleichzeitig sind das die Räume, in denen junge Menschen mehr Unterstützung brauchen, weil sie eben nicht in einem großen Netzwerk verankert sind. Wir haben uns für Thüringen entschieden, weil es gerade in Ostdeutschland eine relativ hohe Quote an Kindern gibt, die armutsbetroffen aufwachsen. Dazu kommt die Sorge um bestimmte gesellschaftliche und demokratische Entwicklungen, weil wir merken, dass marginalisierte Gesellschaftsgruppen gegeneinander ausgespielt werden.
Frage: Planen Sie, weitere Geschäftsstellen zu eröffnen?
Surendra: Ja. Erfurt ist für uns so etwas wie ein Pilotprojekt, eine Geschäftsstelle, die nicht mehr ein riesiges Programm verwaltet, sondern nur für ein Bundesland da ist. Wir nehmen uns ein Jahr Zeit, um das zu evaluieren, und dann geht es weiter. Bisher läuft es sehr gut.
Frage: Hat die aktuelle Debatte um Migration Auswirkungen auf Ihre Arbeit?
Surendra: Keine unmittelbare, aber sie hat natürlich eine wahnsinnige Auswirkung auf unsere Zielgruppe. Die meisten Kinder, die wir unterstützen, haben eine Migrationsgeschichte. Sie wachsen armutsbetroffen auf und wissen, wie Armut entsteht. Es ist für sie eine schwierige Situation zwischen der gesellschaftlichen Debatte um Bürgergeld, Fleiß etc. und ihrer eigenen Lebensrealität.
Herr Surendra, vielen Dank für das interessante Gespräch.
(Das Interview führte Michael Wendenburg)