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Leichtgewichtiges Configuration Lifecycle Management mit OpenCLM
Von Karsten Theis
Die interdisziplinäre Entwicklung smart vernetzter Produkte und Produktionssysteme produziert eine wachsende Datenflut, die sich ständig verändert. Um die Projektfortschritte beurteilen zu können, müssen Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen regelmäßig abgeglichen werden. OpenCLM unterstützt das Configuration Lifecycle Management durch ein System- und Disziplinen-übergreifendes Baselining, das es Unternehmen ermöglicht, schneller auf Veränderungen zu reagieren.
Industrie 4.0 und Internet of Things (IoT) stellen sehr hohe Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit der IT-Bebauungen. Die Änderungshäufigkeit steigt exponentiell an – nicht nur in den Produkten, sondern auch in den Technologien, Methoden und Tools. Um die wachsende Komplexität der Produktentwicklung beherrschbar zu machen, implementieren viele Unternehmen z. B. agile Entwicklungsmethoden und neue IT-Werkzeuge für das Model Based Systems Engineering (MBSE).
Monolithische System-Architekturen mit statischen Schnittstellen werden weder der Änderungsdynamik noch der erforderlichen Integrationstiefe zwischen Entwicklung und Fertigung gerecht. Auch der Einsatz von IoT-Plattformen ist nur scheinbar eine Lösung. Die Herausforderung besteht nicht darin, die Daten einzusammeln, sondern sie so intelligent miteinander zu verknüpfen, dass die Produktkonfiguration für alle Disziplinen in jeder Phase des Produktlebenszyklus nachvollziehbar gemacht wird. Die Unternehmen wollen zu jedem Meilenstein eine sogenannte Baseline ziehen und den einzelnen Disziplinen nach Möglichkeit sogar schon die zu liefernden Ergebnisse (Deliverables) für die jeweilige Baseline vorgeben.
Das Konzept des Baselining stammt eigentlich aus der Software-Entwicklung und dient dazu, einen bestimmten Entwicklungsstand „einzufrieren“, auf den man im Bedarfsfall zurückfallen kann. Im Kontext der cybertronischen Produktentwicklung geht es darum, die in unterschiedlichen Quellsystemen und Datenquellen liegenden Informationen zusammenzuführen bzw. prozessbezogen zu verlinken, um z. B. bei Fertigungsfreigabe oder der Erteilung eines Fertigungsauftrags genau zu wissen, welche Entwicklungsobjekte zu dem betreffenden Auftrag gehören. In gewisser Weise ist Baselining die Voraussetzung für den Digital Master bzw. den Digital Twin im Sinne einer ausgelieferten Produktkonfiguration.
Einfach zu handhabendes Cockpit
PROSTEP hat dieses Konzept auf der Basis der Integrations-Plattform OpenPDM in eine einfach zu implementierende Lösung für das Cross Discipline Configuration Lifecycle Management umgesetzt. OpenCLM ermöglicht es, Informationen aus beliebigen Autorensystemen bzw. den Team Data Management-Systemen dieser Autorensysteme unter Nutzung der vorhandenen Konnektoren und des OSLC-Standards für die Daten-Verlinkung in einem übersichtlichen, einfach zu handhabenden Cockpit zusammenzuführen. Die Anwender können die für die Meilensteine erforderlichen Ergebnisse spezifizieren und direkt mit den Informationen in den Datenquellen verknüpfen, sodass sie mit den gewünschten Merkmalen wie Reifegrad, Datum der letzten Änderung, Verantwortlichkeit etc. angezeigt und auch mit anderen Projektergebnissen verglichen werden können.
OpenCLM unterstützt die Projektkontrolle durch eine strukturierte Produktdokumentation, die weitgehend automatisch erzeugt werden kann. Die Anwender legen für ihre verschiedenen Projektarten Vorlagen (Templates) mit den Baselines für jeden Meilenstein an und verknüpfen diese Vorgaben dann im laufenden Projekt mit den relevanten Informationen. Diese Verlinkung kann horizontal über verschiedene Domänen hinweg erfolgen, das heißt die einzelnen Informationsobjekte - z. B. eine Anforderung und ein bestimmtes Material - lassen sich direkt miteinander verlinken. Das bietet u. a. die Möglichkeit, alle Informationen bereitstellen, die Disziplinen-übergreifend zu einer bestimmten Funktion wie z. B. der Lenkung eines Fahrzeugs gehören. Die Verlinkung ist ein manueller Prozess, der aber nur einmal gemacht zu werden braucht, weil OpenCLM danach zu jedem Meilenstein immer die aktuellen Versionsstände der verknüpften Informationen bereitstellt.
Ableitung eines neutralen Digital Master
Im Idealfall ist die Baseline eine Struktur mit Hunderten von Links zu den einzelnen Informationsobjekten. Über diese Struktur kann der Anwender zu den gewünschten Objekten navigieren und sie visualisieren, wofür in der Regel das jeweilige Autorensystem erforderlich ist. Aber nicht zwingend, denn die PROSTEP-Lösung bietet auch die Möglichkeit, sämtliche Informationen und Dokumente in einem 3D PDF-Container zusammenzuführen, den jeder Anwender im Unternehmen mit dem normalen Adobe Reader visualisieren kann, sofern er dazu berechtigt ist.
Die 3D PDF-Dokumentation liefert eine vollständige Beschreibung des digitalen Produkts bzw. der jeweiligen Produktkonfiguration in einem neutralen Format, die zusammen mit den Links in der OpenPDM-Datenbank abgelegt wird. Insofern ergänzen sich das Konzept des Baselining und des Digital Master perfekt. Man kann dem neutralen Master einer verbauten Produktkonfiguration auch die Sensordaten oder Protokolle aus der Fertigung oder aus dem Feld sauber zuordnen, um sie im Sinne eines Digital Twin für neue Service-Konzepte oder andere Industrie 4.0 und IoT-Anwendungen bereitzustellen.
Die neue PROSTEP-Lösung gewährleistet eine hohe Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entwicklungsobjekte über alle Disziplinen hinweg. Der eigentliche Nutzen besteht darin, dass die Unternehmen agil auf die sich ständig ändernden Anforderungen in ihrer heterogenen Engineering-Landschaft reagieren können. Die Disziplinen können im nächsten Projekt bei Bedarf ein anderes Werkzeug einsetzen, ohne den Prozess ständig anpassen zu müssen, solange sie die vorgegebenen Deliverables abliefern. Welche das sind legen die Configuration Manager der einzelnen Disziplinen in Ansprache mit dem Configuration Manager des Gesamtprojekts fest, der die Baselines plant, prüft und freigibt. Das Ergebnis ist eine konsistente, nachvollziehbare und regelkonforme (SPICE, CMMI, DIN ISO 26262 etc.) Produktdokumentation.
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