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PROSTEP macht PDM-Entwicklung bei Daimler agiler

Von Frank Brandstetter

PROSTEP unterstützt Automobilhersteller Daimler seit mehreren Jahren bei der Pflege und Weiterentwicklung ihres zentralen PDM-Systems. Die historisch gewachsenen Projektstrukturen reduzierten die Transparenz und erschwerten die Koordination. Um dem entgegenzusteuern führte PROSTEP zusammen mit Daimler eine integrative, agile Vorgehensweise auf Basis des Scaled Agile Frameworks ein.

Rund 70 Entwickler von PROSTEP und Unterlieferanten arbeiten seit mehreren Jahren bei Daimler in vielen kleinen Teams an der Pflege und Weiterentwicklung des zentralen PDM-Systems von Daimler. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Neuentwicklung innovativer PLM-Funktionen und der Aufbau einer komplett neuen, modernen PDM-Architektur, einschließlich der Migration bestehender Funktionalität auf die neue Architektur.

In der Vergangenheit erfolgte die Entwicklung im Rahmen mehrerer kleinerer und größerer Projekte. Dabei war die Teamstruktur eher technisch orientiert. Entwickler arbeiteten oft für mehrere Projekte parallel, was zu Ressourcenkonflikten führte und eine vorausschauende Ressourcenplanung erschwerte. Darüber hinaus war Spezialwissen oft auf wenige Personen konzentriert, was zu Engpässen führte und ein hohes Risiko von Know-how-Verlust barg.

Die meisten der Projekte waren in Bezug auf Arbeitsweisen, Zusammenarbeit mit dem Kunden, Abrechnungsmodelle, Release-Zyklen, Infrastruktur etc. unterschiedlich organisiert. Einige Teams arbeiteten sehr nah am Kunden, ohne engere, interne Abstimmung, andere nach Scrum mit Product Ownern auf Kundenseite und wieder andere weitgehend autark. Die Abrechnung erfolgte teils nach Time & Material und teils nach agilem Festpreis. Storypoints waren für die verschiedenen Beauftragungen unterschiedlich definiert, was bei Schätzung und Abrechnung zu unterschiedlichen Maßstäben führte. Diese unterschiedlichen Arbeitsmodelle erhöhten die Koordinationsaufwände erheblich und führten dazu, dass sich Entwickler bei der Übernahme neuer Aufgaben immer wieder neu orientieren mussten. Letztendlich verhinderten sie die Ausschöpfung von Synergien und erschwerten eine flexible Reaktion auf neue Herausforderungen.

Ein agiles Projekt auf der Basis von SAFe

Mit dem Ziel, die Entwicklungsaktivitäten im Umfeld der PDM-Entwicklung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, starteten wir zusammen mit Daimler die Initiative "PDM goes SAFe". Statt vieler Projekte mit unterschiedlichen Abrechnungs- und Vorgehensmodellen soll es nur noch ein agiles Projekt mit möglichst einheitlichem Vorgehen geben. Dieses neue Projekt basiert auf dem Scaled Agile Framework (SAFe). SAFe ist das am häufigsten eingesetzte Skalierungs-Framework und dient unter anderem dazu, die Arbeit mehrerer Scrum-Teams zu koordinieren.

Gestartet sind wir mit acht cross-funktionalen Teams. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass bei der konsequenten Nutzung cross-funktionaler Teams zu viele Schnittstellen zwischen den Teams entstehen. Daher sind wir inzwischen auf Feature-Teams umgeschwenkt, die, im Gegensatz zu vollständig cross-funktionalen Teams, genau die Skills im Team kombinieren, die zur Umsetzung ausgewählter Features notwendig sind. Ein sogenanntes Cross Team Aligment Meeting dient der Koordination zwischen den Teams. Jedes Team entsendet in dieses Meeting einen oder mehrere Delegierte, die die Anliegen ihres Teams mitnehmen und mit den anderen Delegierten abstimmen.

Zur Förderung des Wissenstransfers zwischen den Teams haben wir so genannte Communities of Practice eingeführt. Communities of Practice sind Interessensgruppen, in denen Personen mit gemeinsamem Interesse Erfahrungen austauschen und Rat einholen können. Da der Wissensaustausch essenziell ist wird er im Rahmen des Projekts durch die Bereitstellung eines hierfür reservierten Budgets gefördert.

Viele Entwickler und Product Owner mussten im Umgang mit dem neuen agilen Modell geschult werden. Einige von ihnen hatten schon Erfahrung mit Scrum, aber SAFe war für alle Neuland.

Unterschiedliche Architekturen

Eine spezielle Herausforderung in dem PDM-Projekt sind die zwei verschiedenen Software-Architekturen. Das Legacy-System muss am Leben erhalten werden, während gleichzeitig die neue Architektur aufgebaut und stabilisiert wird. In der Vergangenheit wurden sie von verschiedenen Teams betreut. Die Herausforderung besteht nun darin, die Teams so zu durchmischen, dass das Wissen über die unterschiedlichen Architekturen zusammengeführt wird, ohne die Teams komplett auseinanderzureißen. In den neu eingeführten Feature-Teams haben wir daher Wissensträger zu einzelnen Technologien soweit möglich auf verschiedene Teams verteilt, gleichzeitig aber auch darauf geachtet, dass Features möglichst in einem Team umgesetzt werden können. Es galt, einen sinnvollen Kompromiss zwischen der Ausrichtung auf Features mit möglichst wenig Schnittstellen und dem angestrebten Wissenstransfer zu finden.

Außerdem haben wir zusammen mit Daimler einen einheitlichen Anforderungsprozess auf Basis von SAFe eingeführt. Die bisherigen, projektspezifischer Einzelbacklogs wurden in ein gemeinsames Programm-Backlog zusammengeführt. Die Product Owner definieren und priorisieren die Anforderungen darin in Abhängigkeit vom verfügbaren Budget. Aus diesem Programm-Backlog werden dann die Team-Backlogs abgeleitet.

Eine weitere Herausforderung bei der durchgängigen Implementierung agiler Methoden war die Vereinheitlichung der unterschiedlichen Abrechnungsmodelle. Wir mussten die Schätzmaßstäbe anpassen und die Festpreise so in Storypoints umrechnen, dass der Kunde am Ende die gleiche Leistung für sein Budget erhält wie vorher. Ohne die aktive Unterstützung und den guten Willen von Daimler wäre dies nicht möglich gewesen.

Umstieg auf agile Arbeitsweisen abgeschlossen

Die Transformation in die neue Projektstruktur erfolgte über einem Zeitraum von vier Monaten. Nach dem Kickoff gab es eine zweimonatige Vorbereitungsphase, die noch in der alten Projektstruktur ablief. Offiziell startete das neue Projekt dann Anfang dieses Jahres, gefolgt von einer etwa zweimonatigen Eingewöhnungsphase. Inzwischen ist der Umstieg auf die agilen Arbeitsweisen abgeschlossen und zeigt seine ersten Nutzeneffekte.

Bei der Vereinheitlichung der Entwicklungs- und Anforderungsprozesse, der Abrechnungsmodelle und der Backlogs sind wir einen großen Schritt vorangekommen. Projektstruktur, Rollen und Kommunikationswege sind klar definiert und sorgen für eine höhere Transparenz. Außerdem sind wir wesentlich flexibler geworden. Verbesserungspotential gibt es noch beim Informationsfluss auf Kundenseite und beim Wissenstransfer. Auch das agile Verständnis ist noch nicht in allen Teams angekommen. SAFe hat sich aber als guter Leitfaden für das neue, harmonisierte PDM-Projekt herausgestellt, der mit den speziellen Anforderungen des Kunden vereinbar ist und an dem wir uns auch künftig orientieren werden.

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