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Digitalisierung ist nicht gleich Digitalisierung

Von Karsten Theis

„Stillstand ist für uns keine Option“ schrieb ich im letzten Newsletter mit Hinweis auf die schwierigen Randbedingungen der Unternehmensführung im Zeitalter der globalen Unwägbarkeiten. Und dann kam der Lock-Down und (fast) alle Räder standen plötzlich still. Zugegebenermaßen, ganz unvorhersehbar war die Corona-Pandemie nicht, aber ihr Ausmaß hat uns doch alle unvorbereitet getroffen. In einem Punkt fühle ich mich jedoch in meiner Einschätzung bestätigt: Die Situation lässt sich nur durch Agilität meistern. Und durch noch mehr Digitalisierung, würde ich aus heutiger Sicht ergänzen.

PROSTEP hat agil auf den Lock-Down reagiert. Unsere Mitarbeiter sitzen seit der ersten Stunde im Homeoffice und sind für die Kunden erreichbar. Sie sind vermutlich sogar besser erreichbar und arbeiten effizienter, weil sie viel Reisezeit für die Besuche von Kunden oder Veranstaltungen sparen. Unsere Software-Lösungen unterstützen die Fernwartung von überall aus, sofern die Kunden sie nicht ohnehin direkt als Cloud-basierten Service nutzen. Dank entsprechender IT-Tools und Methoden können wir sogar Beratungs-Workshops online durchführen. Ich bin überrascht, wie gut sie selbst mit Neukunden funktionieren, bei denen wir erst noch Vertrauen aufbauen müssen. Online ist mehr möglich als ich erwartet hätte, auch wenn wir auf persönliche Meetings künftig nicht ganz verzichten können und wollen.

Die Corona-Krise hat uns vor Augen geführt, wie wichtig die digitalen Techniken sind, um den Kontakt zu Kollegen, Partnern und Kunden aufrechtzuerhalten und mit ihnen trotz Lock-Down effizient zusammenzuarbeiten. Sie hat nicht nur in den Unternehmen, sondern auch in Ämtern und Behörden, Schulen und in der medizinischen Versorgung für einen Digitalisierungsschub gesorgt, den wir uns vor ein paar Monaten nicht hätten vorstellen können. Und trotz der jahrlangen Klagen über die fehlenden Internet-Bandbreiten in Deutschland funktioniert das alles erstaunlich gut.

Der digitale Fortschritt der letzten Monate wird unser Arbeitsleben und Mobilitätsverhalten nachhaltig verändern, zumal uns das Virus noch längere Zeit begleiten wird. Digitalisierung ist jedoch nicht gleich Digitalisierung. Der durch Corona ausgelöste Digitalisierungsschub betrifft vor allem die Kommunikationsprozesse, die sich mit Teams, Skype oder Zoom und einer guten Internet-Verbindung relativ einfach digitalisieren lassen. Wie nachhaltig sich dieser Schub aber auf andere Geschäftsprozesse auswirken wird, in denen es vor allem auf die durchgängige Nutzung von Daten und Informationen ankommt, ist noch nicht abzusehen. Denn hier reicht es nicht aus, ein paar neue Tools einzuführen.

Die grundlegenden Probleme mit der digitalen Durchgängigkeit in Produktentwicklung und Fertigung lassen sich durch digitale Kommunikationsprozesse nicht aus der Welt schaffen. Die digitalen Informationsflüsse werden immer noch durch heterogene Systemlandschaften mit einer Vielzahl von separaten Datensilos und schlecht integrierte Prozesse behindert. Neben technischen Antworten erfordert die Lösung dieser Probleme Eingriffe in die Organisation und Prozesslandschaften der Unternehmen und vor allem eine langfristig angelegte Digitalisierungsstrategie.

Eine der wesentlichen Erkenntnisse aus vielen Strategieberatungsprojekten, die wir in den letzten Jahren durchgeführt haben, ist, dass die Unternehmen das Potential ihrer bestehenden PLM-Landschaften nicht ausschöpfen. Das liegt nicht unbedingt an den PLM-Systemen, die in den letzten Jahren zudem immer leistungsfähiger geworden sind, sondern an der Art und Weise, wie die Anwender mit ihnen arbeiten. Vielfach haben sie ihre Arbeitsweisen aus der Zeit vor der PLM-Einführung übernommen, statt ihre Prozesse und Methoden zu überdenken und an die neuen Möglichkeiten anzupassen. Das Festhalten an alten Vorgehensweise führt zu stark angepassten PLM-Lösungen und beeinträchtigt nicht nur ihre Update-Fähigkeit, sondern erschwert auch die agile Reaktion auf neue Anforderungen an die PLM-Landschaften, die sich beispielsweise durch die zunehmende Vernetzung der Produkte und neue serviceorientierte Geschäftsmodelle ergeben.

Meine Hoffnung ist, dass die Unternehmen nach der Corona-Krise nicht gleich zum „Business as Usual“ zurückkehren, sondern die Zeit der noch gebremsten Geschäftstätigkeit nutzen, um die Grundlagen für die digitale Transformation ihrer Geschäftsprozesse zu legen. Unabhängig von den eingesetzten IT-Systemen sollten sie festlegen, welche Informationen sie für welche Prozesse benötigen und in welcher Form sie bereitgestellt werden müssen, um sie durchgängig nutzen können. Gerade mit Blick auf die Unterstützung neuer Servicemodelle kann es zweckmäßig sein, die Informationsflüsse mal vom Ende des Produktlebenszyklus her zu denken.

Die Corona-Krise bietet den Unternehmen die Chance, ihre Prozesse und Methoden auf den Prüfstand zu stellen, ihre Systemlandschaften besser zu integrieren und gegebenenfalls sogar neue IT-Werkzeuge einzuführen. Sie sollten diese Chance ergreifen, um digital gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Wir können sie dabei effektiv unterstützen. Ausgehend von der Analyse ihrer bestehenden und künftig erforderlichen PLM-Fähigkeiten identifizieren unsere Strategieberater Lücken und Potentiale in den Prozess- und Systemlandschaften und gestalten zusammen mit den Kunden eine PLM-Bebauung, die hoffentlich auch der nächsten Krise standhält.

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