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Auf dem Weg zum Model Based Enterprise

Von Bernd Pätzold

Die rasanten Fortschritte auf dem Gebiet des 3D-Drucks werden nicht nur die Art, wie wir Produkte entwickeln und fertigen, sondern auch die Service- und Logistik-Prozesse in vielen Branchen grundlegend verändern. Voraussetzung für eine effiziente Nutzung dieser Technologie ist allerdings, dass die Unternehmen ihre Geschäftsprozesse konsequent digitalisieren und ihre Transformation zum Model Based Enterprise vollenden.

Ehrlich gesagt habe ich die Möglichkeiten des 3D-Drucks anfangs unterschätzt. Es machte in meinen Augen einfach keinen Sinn, komplette Autos in 3D drucken zu wollen, wie einige Innovationsforscher vollmundig verkünden. Dann aber sah ich, wie komplexe Strukturteile mithilfe der additiven Verfahren ganz anders geformt und dadurch wesentlich leichter und resistenter ausgelegt werden können als mit herkömmlichen Fertigungsverfahren, und begann die 3D-Druck-Enthusiasten zu verstehen. Das umso mehr, als die Technologie auch andere Geschäftsprozesse revolutionieren könnte: Stellen Sie sich einmal vor, was es für die Logistik bedeuten würde, wenn bestimmte Ersatzteile nicht mehr mit hohem Zeit- oder Kostenaufwand durch die Weltgeschichte geschickt werden müssten, sondern einfach in einem Printshop vor Ort ausgedruckt werden könnten?

Eine faszinierende Vision, die durchaus Realität werden könnte, weshalb sich namhafte OEMs ernsthaft damit beschäftigen. Die technischen Möglichkeiten des 3D-Drucks sollten aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die eigentliche Herausforderung eine andere ist: Die Integration dieser Technologie in Geschäftsprozesse, die nach wie vor durch viele Medienbrüche gekennzeichnet sind. Wie bitte soll das mit der weltweiten Bereitstellung von geltungssicheren 3D-Druckdaten funktionieren, wenn wir es nicht mal im eigenen Unternehmen geschafft haben, die zeichnungslose Fertigung zu etablieren? Model Based Enterprise (MBE) bzw. Model Based Definition (MBD) ist nicht von ungefähr eines der Modethemen dieses Jahres, und so wie in der Mode macht auch in der PLM-Welt nicht jeder Mai alles neu. Manches, was schon vor Jahren "in" war, feiert unter dem Vintage-Mäntelchen fröhliche Urstände. Denn seien wir doch mal ehrlich: Die Idee des digitalen Mastermodells, das alle produktrelevanten Informationen einschließlich der Fertigungsparameter beinhaltet und diese prozessdurchgängig bereitstellt, ist so neu nicht. Sie ist ungefähr so alt wie die CAD-Technologie.

CAD-Systeme ermöglichten es schon sehr lange, Toleranzen und andere Parameter in Form von Features in die Modelle einzubetten und beispielsweise für die CAM-Programmierung auszulesen. Diese Möglichkeit wurde jedoch in der Praxis nur bedingt genutzt, weil es keine allgemein akzeptierten Standards gab, um diese Informationen systemübergreifend auszutauschen. 

Das aber war oft unumgänglich, entweder weil die eigene Fertigung oder weil die externen Fertigungspartner andere CAD/CAM-Systeme einsetzten. Aus diesem Grund blieb die 2D-Zeichnung bis heute das dominante Medium für die Kommunikation von Fertigungsinformationen.

Maße und Fertigungstoleranzen als PMI (Product Manufacturing Information) an die 3D-Modelle anzuheften, ändert an der grundsätzlichen Problematik nichts. Die Zeiteinsparung für die entfallende Zeichnungserstellung ist relativ gering, weil auch die Bemaßung der Modelle Zeit kostet. Dem stehen zusätzliche Aufwände für die Freigabe der angereicherten Modelle gegenüber, die notwendigerweise elektronisch erfolgen muss. Es kann dann aber nicht sein, dass wir in Zukunft immer noch isometrische Ansichten der bemaßten Modelle ausdrucken und manuell unterzeichnen.

Effizienzsteigerungen durch die modellbasierte Definition von Fertigungsinformationen lassen sich also nur dann erzielen, wenn es gelingt, diese Informationen innerhalb und außerhalb des Unternehmens prozesssicher zu kommunizieren und effizient zu nutzen. Grundlage dafür sind leistungsfähige Neutralformate wie JT oder 3D-PDF, mit denen man neben den Geometriedaten aller gängigen CAD-Systeme auch die PMI-Informationen DIN-gerecht austauschen kann. Die 3D-PDF-Technologie bietet dabei den Vorteil, dass man sämtliche Informationen ohne zusätzlichen Viewer mit dem normalen Adobe Reader visualisieren kann. Vor allem aber unterstützt sie eine schrittweise Transformation zum Model Based Enterprise durch die Möglichkeit, in den 3D-PDF-Dokumenten neben den Modellen auch Zeichnungen, Stücklisten und andere 2D-Unterlagen einzubetten.

Denn eines ist klar: Diese Transformation wird nicht von heute auf morgen erfolgen. Ungeachtet der Vielzahl von Gründen, die für die konsequente Digitalisierung der Geschäftsprozesse sprechen und auf die wir in Folgebeiträgen näher eingehen werden, sind auf dem Weg zum MBE noch viele Integrationshürden zu überwinden - sowohl bei den IT-Systemen, als auch bei der Prozessorganisation. Wir bei PROSTEP betrachten es als eine unserer wichtigsten Aufgaben, Kunden bei der Bewältigung dieser Integrationsaufgaben zu unterstützen und sie fit für die modellbasierte Zukunft zu machen.

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